Rückforderung von Ausschüttungen zu Lasten der Anleger
Viele Anleger stellen sich die Frage, ob die Fondsgesellschaften, an denen sie sich als Anleger beteiligt haben, tatsächlich berechtigt sind, vorher erteilte Ausschüttungen zurückzufordern. Dies gilt meistens für den Fall, in dem sich die Gesellschaft in der Krise befindet.
Derzeit sind insbesondere Anleger von Schifffonds-Beteiligungen betroffen, die von ihrer Fondsgesellschaft oder von dem Insolvenzverwalter zur Rückzahlung von Ausschüttungen aufgefordert werden. Dies ist streng voneinander zu unterscheiden. In beiden Fällen sollten Sie aber einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht befragen.
BGH zu Forderungen des Insolvenzverwalters:
In einer neuen Entscheidung vom 21.07.2020 – II ZR 175/19 – hat sich der BGH erneut mit Fragen der Haftung von Kommanditisten befasst.
Geschlossene Fondsanlagen, die in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betrieben werden, leiden vielfach unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Insbesondere Schifffonds, Immobilienfonds oder Privat Equity-Fonds sind in den vergangenen Jahren in der Insolvenz gelandet.
Es ist dann Aufgabe des Insolvenzverwalters Gläubigerforderungen zu prüfen und Forderungen von Schuldnern in die Insolvenzmasse zu ziehen. Insolvenzverwalter verklagen in diesem Zusammenhang die Anleger solcher Fonds auf Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen.
Kommanditisten sollten Zahlungsaufforderungen des Insolvenzverwalters nicht ohne Prüfung zahlen
So muss der Insolvenzverwalter darlegen, dass und welche von ihm festgestellten Gläubigerforderungen in welchem Umfang nicht von der Insolvenzmasse gedeckt sind. Für die Haftung des einzelnen Anlegers ist es von Bedeutung, ob die Forderungen, auf welche der Insolvenzverwalter den Anleger in Anspruch nehmen möchte, bereits durch Zahlungen anderer Anleger gedeckt sind. Ist dies der Fall, so kann die Zahlung verweigert werden. Der Kommanditist kann in diesem Fall einwenden, dass das von ihm Geforderte nicht zur Tilgung von Gläubigerforderungen erforderlich ist.
Der Insolvenzverwalter hat die für die Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Verhältnisse darzulegen, also alle Zahlungen von anderen Kommanditisten. Der Anleger kann sodann einwenden, dass eine Zahlung von ihm nicht erforderlich ist. Ferner muss der Insolvenzverwalter eine Prognose abgeben, ob auch nach Zahlung durch andere Kommanditisten die verbleibende Insolvenzmasse zur Bedienung der Restforderungen der Gläubiger ausreicht.
Ausgangspunkt: Der Gesellschaftsvertrag
Der BGH hat in seinen Urteilen vom 16.02.2016 (Az.: II ZR 348/14) und vom 14.03.2017 (Az.: II ZR 227/15) entschieden, dass die Rückgewähransprüche einer Gesellschaft bei Ausschüttungen nicht automatisch entstehen, sondern eine ausdrückliche Abrede im Gesellschaftsvertrag erfordern, die bestimmt, wann bezogene Gewinne zu erstatten sind. Daraus muss eindeutig und unmissverständlich zu entnehmen sein, dass die Liquiditätsüberschüsse, die aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses ausgeschüttet werden, den Kommanditisten als Darlehen und nicht endgültig gewährt werden.
Welche Ausschüttungen sind zurückzuzahlen?
Nur solche Ausschüttungen, die aus dem Eigenkapital herzuleiten sind, können von einem Rückerstattungsanspruch erfasst werden. Dies lässt sich auch aus den Regelungen der §§171, 172 IV HGB schließen und gilt nur dann, wenn die Anleger bei der Ausschüttung so gestellt werden, als ob sie ihre ehemaligen Einzahlungen zurückbekommen. Dabei ist aber zu beachten, dass eine Abgrenzung zwischen Eigenkapital und Gewinnen in den meisten Fällen schwierig ist und deswegen geprüft werden muss, woraus eigentlich die Ausschüttungen herrührten.
Wann sind die Ausschüttungen zurückzuzahlen?
Auch im Rahmen von Sanierungsvereinbarungen mit den finanzierenden Banken haben die Gesellschaften ein Recht darauf, davor erteilte Ausschüttungen zurückzufordern. Diese Möglichkeit ergibt sich insbesondere daraus, dass eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Ausschüttung in solchen Vereinbarungen zur Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens enthalten ist, damit ein Anleger später seine Zahlungen nicht wieder zurückfordern kann.
Rechtsprechung steht hinter den Anlegern
Die oben erörterte Situation ist auch in der Rechtsprechung mittlerweile allgegenwärtig. Der aktuelle Trend geht in die Richtung, dass man probiert sich schützend hinter die Anleger zu stellen. Schon in seinem Urteil vom 12.03.2013 (Az. II ZR 74/11) stellte der Bundesgerichtshof fest, dass Rückforderungsansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag nur dann existieren können, wenn dies auch eindeutig so geregelt sei. Flankiert wird diese Rechtsprechung mittlerweile auch von nicht höchstrichterlicher Rechtsprechung, die vom Bundesgerichtshof bestätigt wird. So ließ er eine Nichtzulassungsbeschwerde (BGH, 16.02.2016 – XI ZR 542/14) der Privatbank M. M. Warburg & CO im Bezug auf den Schiffsfonds „Andre Jacob“ abblitzen und bestätigte damit endgültig die Rechtsprechung des Hamburger Landgerichts vom 20.12.2013 (Az. 302 O 356/2). Das Urteil ist somit wegweisend für Schadensersatzansprüche bei allen geschlossenen Fonds.
Rückforderungsbegehren des Insolvenzverwalters
Die oben zitierten Rechtsprechungen zeigen, dass der Anleger zunächst in zweierlei Hinsicht vor Rückorderung der Ausschüttungen geschützt ist. Denn für einen möglichen Anspruch bedarf es zunächst einer tauglichen Anspruchsgrundlage. Selbst wenn man im Gesellschaftsvertrag eine solche Anspruchsgrundlage finden würde, kann die Gesellschaft – wie oben gezeigt – wegen Verletzung von Aufklärungspflichten auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden und gegen die Rückforderung aufgerechnet werden.
Dies gilt allerdings nicht für Ansprüche des Insolvenzverwalters, da das Insolvenzrecht ein Aufrechnungsverbot (§ 96 InsO) vorsieht.
Zu prüfen ist daher im Einzelfall, ob die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte Rückforderung von Ausschüttungen durch den InsV gegeben sind. Die Kommanditisten müssen Ausschüttungen i.d.R. zurückzahlen, wenn folgende Tatsachen vorliegen:
Die Gesellschaft ist in der Insolvenz, nicht nur in finanziellen Schwierigkeiten.
Die Ausschüttungen sind tatsächlich nicht durch Gewinne des Unternehmens gedeckt; gewinnunabhängige Ausschüttungen.
Die Rückzahlung dient der Befriedigung der Gläubiger. Der Insolvenzverwalter ist jedoch dazu verpflichtet, jede Forderung einzeln darzulegen und zu begründen.
Der Anspruch auf Rückzahlung ist noch nicht verjährt. Hierzu äußerte sich der BGH, dass die Verjährung bereits zu dem Zeitpunkt der Feststellung der Illiquidität, was deutlich vor Insolvenzeröffnung sein kann, begonnen haben könnte.
Möglichkeiten für die Anleger und Gesellschafter
Was sich für den Anleger immer noch als Variante anbietet, ist die Aufrechnung mit ihren eigenen Ansprüchen gegen die Fondsgesellschaft. Solche Ansprüche könnten sich nämlich aus den Grundsätzen der Prospekthaftung oder ebenfalls aus den zurechenbaren Falschberatung eines Anlageberaters ergeben. Ferner muss der Fonds jeweils nachweisen, dass und in welchen Höhe Ausschüttungen tatsächlich geleistet sind, diese gewinnunabhängig und die weiteren die Voraussetzung der Rückorderung gegeben sind.
Justus rät daher, dass solche Anleger, die von einer Fondsgesellschaft, einem Insolvenzverwalter oder Liquidator zur Rückerstattung von Ausschüttungen aufgefordert werden, schnellstmöglich überprüfen lassen, ob solche Ansprüche der Gesellschaft tatsächlich zustehen und was für Gegenansprüche sie ihrerseits geltend machen können. Hierzu wenden Sie sich am Besten an einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.
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Rechtsanwalt Knud J. Steffan Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht JUSTUS Rechtsanwälte Eberswalder Straße 26 10437 Berlin
Am 06.08.2018 erhielten viele Anleger ein Schreiben der Liquidatorin über die Lloyd Treuhand GmbH, womit sie aufgefordert werden ihre Ausschüttungen zurück zuzahlen....
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