VIP Medienfonds 4 – Urteil OLG Frankfurt a.m. entscheidet im sinne der Anleger bezüglich aufklärungspflichtiger Rückvergütungen

VIP Medienfonds 4 – OLG Frankfurt a.M. entscheidet im Sinne der Anleger bezüglich aufklärungspflichtiger Rückvergütungen

Mit Urteil vom 13.12.2011- Az.: 9 U 112/09 erging ein erfreuliches Urteil vom OLG Frankfurt a.M. für Anleger. Im vorliegenden Fall wurde der Klägerin im Wege der Berufung Schadensersatz zugesprochen und noch weitere Ansprüche, die gegen die Beklagte geltend gemacht werden können.

Hintergrund
Die Klägerin forderte von der beklagten Bank Schadensersatz wegen ihrer Beteiligung am VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (VIP 4).
Die Klägerin beteiligte sich am 04.06.2004 an eben erwähntem Fond mit einem Beteiligungsbetrag von etwa 50.000 € zzgl. Agio. Zur Tilgung der Beteiligungssumme nahm die Klägerin zusätzlich ein Darlehen auf.
Mit Urteil vom 03.07.2009 hat das Landgericht der Klage in nahezu allen Punkten stattgegeben.
Allerdings ging die Beklagte nun in Berufung mit folgender Begründung:

– die Beklagte trägt vor, sie hafte nicht wegen schuldhafter Verletzung einer Pflicht zur ungefragten Mitteilung ihres Anteils an den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten. Allein begrifflich seien diese von aufklärungspflichtigen Rückvergütungen abzugrenzen

– zudem wäre ein ggf. vorliegender Interessenkonflikt für die Klägerin offenkundig gewesen

– ferner sei die fehlende Kenntnis der Klägerin über Rückvergütungen nicht kausal für die Anlageentscheidung gewesen

– durch die Zeichnung der Beteiligung sei der Klägerin kein Schaden entstanden, da ein jederzeitiges Widerrufsrecht bestehe, das zur Rückabwicklung des Anteilsfinanzierungsdarlehens sowie des Fondsbeitritts als verbundenes Geschäft führe

Im Ergebnis wies das OLG die Berufung der Beklagten, aufgrund der unten aufgeführten Gründe, zurück:

Verpflichtung zur Aufklärung über Rückvergütungen
Das Landgericht habe zu Recht festgestellt, dass die Beklagte wegen der Verletzung ihrer aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrag resultierenden Pflicht zur Aufklärung über von ihr erhaltene Rückvergütungen gemäß § 280 I BGB haftet.

Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen vor, wenn offen ausgewiesene Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Fondsgesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken ganz oder teilweise an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass die Bank ein für den Kunden nicht erkennbares Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen.
Vorliegend handelt es sich um eine Rückvergütung, denn die Beklagte erhielt Provisionen aus den – das Agio umfassenden – offen ausgewiesenen Vertriebskosten, worauf sie in der Beratung unstreitig nicht hingewiesen hat.

Auch der streitgegenständliche Prospekt enthält nicht die erforderliche Aufklärung darüber, dass die Vertriebsprovisionen an die beratende Bank fließen werden, weshalb es keine Rolle spielt, wann die Klägerin ihn erhalten hat und ob sie ihn gelesen hat.
Der Interessenkonflikt war auch nicht offenkundig, wie die Beklagte meint.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die fehlende Aufklärung über die erhaltenen Rückvergütungen auch kausal für die Anlageentscheidung der Klägerin geworden. Dafür streitet bereits die im Kapitalanlagerecht nach ständiger Rechtsprechung geltende Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, wobei der Aufklärungspflichtige die Nichtursächlichkeit seiner Pflichtverletzung beweisen muss (BGH, Urteil vom 16.11.1993, XI ZR 214/92).
Die Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt, wobei sie nach § 280 I 2 BGB die Darlegungs- und Beweislast für fehlendes Verschulden trägt. Dabei kann sie sich nicht darauf berufen, dass sie sich zum Zeitpunkt der Beratung der Klägerin in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer Aufklärungspflicht hinsichtlich an sie zurückgeflossener Rückvergütungen befand.
Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es bezüglich der Beteiligung am VIP 4 auch nicht bereits deshalb an einem ersetzbaren Schaden, weil die Klägerin den für die Anteilsfinanzierung abgeschlossenen Darlehensvertrag mit der Folge der Rückabwicklung widerrufen könnte.

Die Klägerin kann das von ihr für die Beteiligungen eingesetzte Eigenkapital Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile zurückverlangen.

Fazit
Somit zeigt sich, dass Anleger ihre Ansprüche gegen die beratende Bank geltend machen können, wenn sie nicht über den Erhalt, die Art oder die genaue Höhe der Rückvergütungen aufgeklärt wurden. Zu prüfen ist in jedem Fall allerdings die mögliche Verjährung der Ansprüche.

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Medienfonds und Filmfonds

Mit Hilfe von Medienfonds sollen Film- und Fernsehproduktionen bei der Finanzierung unterstützt werden. Bekannt sind vor allem KGAL oder Hannover Leasing. Was grundsätzlich wie eine rentable und auch allgemeinnützige Anlageform aussieht, stellte sich jedoch in der Praxis oft als Risikogeschäft für den Anleger heraus, auch wenn einige der finanzierten Filme sich zu Kassenschlagern entwickelten.

Das Wesen der Medienfonds

In der Sache werden die Medienfonds als geschlossene Fonds vermarktet, der potentielle Anleger kann eine Beteiligung also nur während eines bestimmten Zeitraums zeichnen. Als Anreiz für die Beteiligung wird er dann am Einspielergebnis beteiligt. Die Medienfonds werden meist in der Rechtsform der GmbH & Co KG betrieben; dies führt dazu, dass im Falle der Insolvenz des Fonds eine Haftung für Einlageverluste schwierig zu realisieren ist, da die Gesellschafter der GmbH als diejenigen, die maßgeblich das Geschäft des Fonds gesteuert haben, persönlich nicht haften müssen.

Medienfonds als angebliches Steuersparmodell

Grund für eine Beteiligung an Medienfonds war in der Vergangenheit auch häufig eine steuerliche Besonderheit in Deutschland: es konnten im ersten Jahr der Beteiligung bis zu 100 % der Einlage steuerlich berücksichtigt werden. Diese Möglichkeit wurde 2005 durch eine Gesetzesnovelle beseitigt. Bereits seit 2001 wurde die steuerliche Vergünstigung nach dem so genannten Medienerlass des Bundesfinanzministeriums nur gewährt, wenn die Gesellschafter des Fonds als „Filmhersteller“ gelten konnten, sie auf die Produktion des Films also maßgeblichen Einfluss ausübten. Dies war insbesondere dann problematisch, wenn nur einmal jährlich eine Anlegerversammlung stattfand, bei der eine allgemeine Information über die Filmprojekte gegeben wurde. Auch die Vertretung durch einen Beirat zu diesem Zweck konnte die Steuervergünstigung nur dann herbeiführen, wenn sich darin Fachkundige aus der Film- und Fernsehbranche befanden.

Risiken bei Medienfonds

Allerdings war auch die Beteiligung an den Medienfonds an sich für viele Anleger risikoreich: schließlich handelt es sich um einen Geschäftsbereich, in dem der normale Anleger kaum Erfahrung besitzt, er die Qualität und den Erfolg der produzierten Filme also kaum bewerten kann.
Auch ergaben sich durch die veränderten Möglichkeiten zur steuerlichen Geltendmachung vielfach Nachteile für die Anleger; diese wurden oftmals explizit mit dem Versprechen der Steuerersparnis zur Beteiligung am Fonds verleitet. Nach Änderung der Steuerpraxis folgten dann Nachforderungen durch die Finanzämter. Teilweise wurden die Kunden trotz Kenntnis des Fondsanbieters nicht über diesen Sachverhalt aufgeklärt oder Fondsprospekte falsch gestaltet, so dass es für diese möglich ist, sich von den Fonds zu lösen. Allerdings besteht diese Möglichkeit im Regelfall nur dann, wenn die Vermittler des Filmfonds die maßgeblichen Fakten auch tatsächlich kannten.

Inzwischen sind Medienfonds als Anlage aus den genannten Gründen wohl nicht mehr attraktiv.

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