Neue Hoffnung bei „Schrottimmobilien“: BGH bejaht Schadensersatzansprüche gegen die Badenia Bausparkasse aufgrund Kenntnis von arglistiger Täuschung der Anleger über die Höhe der Vertriebsprovisionen (Urteil vom 29. Juni 2010 – XI ZR 104/08)
Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte erneut über Schadensersatzansprüche von Verbrauchern im Zusammenhang mit sog. "Schrottimmobilien" zu entscheiden. Der Senat hat ein Berufungsurteil bestätigt, das eine arglistige Täuschung der betroffenen Wohnungskäuferin über die Höhe der Vertriebsprovisionen bejaht hatte.
Hintergrund des Urteils gegen die Badenia Bausparkasse (Allao Hannover):
In den 90er-Jahren wurde eine Vielzahl von Wohnungen der Allgemeinen Wohnungsvermögens-AG („Allwo“) in Hannover zu häufig weit überhöhten Preisen an Verbraucher vertrieben. Auch die Finanzierung durch Darlehensaufnahme bei der Deutschen Bausparkasse Badenia AG (Badenia) wurde von den Vermittlern angeboten.
Die "Schrottimmobilien" wurden als sich selbst finanzierende Altersvorsorge angeboten und auch an Anleger ohne Eigenkapital vertrieben. Zins- und Tilgungszahlungen würden über die laufenden Mieteinnahmen und Steuerersparnisse finanziert werden, so die verlockenden aber illusorischen Aussagen der Vermittler.
Von den überhöhten Kaufpreisen profitierten neben der Allwo die Vermittler, die für ihre zweifelhaften Dienste hohe Provisionen erhielten. Die Badenia konnte ihr Darlehensgeschäft ausbauen und verdiente an Bearbeitungsgebühren und Zinseinnahmen.
Dieses Geschäftsmodell nahm auf die Interessen der Anleger hingegen keine Rücksicht. Die Darlehensschuld überstieg den marktgerechten Immobilienpreis vielfach bei Weitem. Zugesagte Mieteinnahmen blieben aus, versprochene Steuervorteile fielen bei den häufig angesprochenen Normalverdienern geringer aus als erwartet. Die laufenden Tilgungs- und Zinszahlungen brachten Anleger so vielfach an den Rand des finanziellen Ruins. Einige der Betroffenen sollen sich aufgrund ihrer als aussichtslos empfundenen Lage sogar das Leben genommen haben.
In der Vergangenheit von geschädigten Anlegern gegen die Badenia erhobene Klagen blieben dennoch vielfach ohne Erfolg.
BGH: Badenia hatte Kenntnis von arglistiger Täuschung der geschädigten Anlegerin:
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr jedoch zugunsten einer geschädigten Anlegerin geurteilt und damit auch anderen Geschädigten neue Hoffung auf eine erfolgreiche Durchsetzung von Schadenseratzansprüchen beim Vertrieb von Schrottimmobilien gemacht.
Der BGH bescheinigte der Badenia Kenntnis von der arglistigen Täuschung der betroffenen Anlegerin, denen gegenüber die Provisionen für die Vermittler in den verwendeten Auftragsformularen zu niedrig angegeben wurden. Beim Erwerb der Immobilien unterzeichnete die geschädigte Anlegerin einen „Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag“, in dem es u.a. heißt: "Ich erteile hiermit den Auftrag, mir das o.g. Objekt und die Finanzierung zu vermitteln. Der Auftrag soll durch die in Punkt 4. und 5. der nachfolgenden Aufstellung benannten Firmen zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt werden." Gem. Punkt 4 der Aufstellung sollte die Finanzierungsvermittlerin eine "Finanzierungsvermittlungsgebühr" i.H.v. 3.560 DM und gem. Punkt 5 die Wohnungsvermittlerin eine "Courtage" i.H.v. 5.089 DM erhalten. Diese Provisionen entsprachen einem Anteil von 5,86 Prozent des Kaufpreises. Die Vermittler hatten jedoch in Wahrheit mindestens 15 Prozent des Kaufpreises als Provision kassiert. Dies hatte die Beweisaufnahme des Berufungsgerichts ergeben.
Institutionelle Zusammenarbeit zwischen Badenia BAusparkasse und Vermittler:
Nach Ansicht des 11. Zivilsenats des BGH ist mit Hilfe des Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrages beim Anleger bewusst die unzutreffende Vorstellung erzeugt worden, die beiden genannten Firmen erhielten für die Vermittlung der Wohnung einschließlich der Finanzierung insgesamt lediglich die im Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag ausgewiesenen Provisionen. Der BGH sah zwischen der Badenia und dem Vertrieb eine sog. „institutionalisierte Zusammenarbeit“, weshalb von einer Kenntnis der Badenia von der arglistigen Täuschung der Anleger im Wege zu niedrig angegebener Vermittlungsprovisionen auszugehen sei. Den Kauf nebst Finanzierung muss die Bausparkasse nun insgesamt rückabwickeln, um die Anlegerin so zu stellen, wie sie stünde, wenn sie Kauf- und Darlehensvertrag nie unterschrieben hätte.
Indizwirkung für Parallelfälle;
Geschädigte Anleger sollten ihre Ansprüche prüfen lassen (Verjährung!)
Da die Formulare für die Objekt- und Finanzierungsvermittlungsaufträge bei den von der Badenia Bausparkasse finanzierten Erwerbsvorgängen standardmäßig verwendet worden sind, hat das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus gehende Bedeutung. Mit dem jetzigen Urteil hat der BGH entschieden, dass bei entsprechenden tatsächlichen Feststellungen eine arglistige Täuschung des Erwerbers über die Höhe der Vertriebsprovisionen zu bejahen ist, für deren Folgen die Badenia einstehen muss.
Verjährung bei Schrottimmobilien – Fällen:
Betroffene sollten allerdings die Verjährungsproblematik im Blick behalten. Der BGH hat bereits am 27. Mai 2008 entschieden, dass die dreijährige, kenntnisabhängige Verjährungsfrist u.a. erst dann beginnt, wenn der Anleger auch Kenntnis über die wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Badenia und dem Verkäufer bzw. Vermittler der Immobilie erlangt hat oder hätte erlangen müssen.
Für die schriftliche Erstberatung, welche auch die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung umfasst, drucken Sie bitte einfach das Auftragsformular für geschädigte Kapitalanleger aus und senden es ausgefüllt, zusammen mit den Zeichnungsscheinen und den wesentlichen Unterlagen zu. Für die Erstberatung entsteht Ihnen eine Gebühr in Höhe von 95,20 €. Gern können Sie sich auch unverbindlich per Email oder Telefon an uns wenden.
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