Bankenhaftung bei Anlageberatung: Mangelnde Richtigstellung eines Prospektfehlers im Beratungsgespräch (Medienfonds)
OLG Frankfurt: erfahrene Anleger müssen über Geschäftsrisiken aufgeklärt werden
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in einer neueren Entscheidung festgestellt, dass auch erfahrene Anleger grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch gegen die beratende Bank haben, wenn sie nicht ausreichend aufgeklärt worden sind (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.12.2010, Az. 19 U 22/10).
In der Sache hatte sich der Kläger, ein erfahrener Anleger, nach Beratung durch die beklagte Bank an einem Medienfonds beteiligt. Dabei brachte er vor, dass er davon ausgegangen sei, dass er maximal einen Bruchteil seiner Beteiligung verlieren könne. Die Bank wies seine Ansprüche zurück mit den Argumenten, der Anleger habe „chancenorientiert“, also mit erhöhtem Risiko, investieren wollen und sei zudem erfahren gewesen, so dass der mangelnde Hinweis auf einen möglichen Totalverlust unschädlich sei.
Das OLG Frankfurt sieht jedoch auch in Fällen, in welchen ein erfahrener Investor sein Kapital anlegt, eine Haftung bei mangelnder Aufklärung durch die Bank als gegeben an. Zum einen sei der Verkaufsprospekt der Anlage fehlerhaft und kläre nicht hinreichend auf, zum anderen habe auch der Bankberater diesen Fehler nicht berichtigt und auf das Risiko eines Totalverlusts der Einlagen hingewiesen. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass die mangelhafte Aufklärung über das Risiko der Anlage auch bei einem erfahrenen Anleger wie dem Kläger ursächlich für die Beteiligung und damit den Verlust der Einlage geworden sei; denn auch ein zu einem gewissen Risiko bereiter, erfahrener Anleger, der ein eigenes „Entscheidungsverhalten“ aufweist, dürfe eine zutreffende Aufklärung über die Risiken erwarten. Im Regelfall sei davon auszugehen, dass auch bei derartigen Bankkunden das Verlustrisiko bei der Anlageentscheidung eine Rolle spiele. Daher wird ein Schadensersatzanspruch gegen die beratende Bank bejaht. Der Kläger muss sich dabei auch etwaige Steuervorteile als Vorteilsausgleich nicht anrechnen lassen.
Das OLG stellt mit seiner begrüßenswerten Entscheidung klar, dass auch Bankkunden, die über ein gewisses „Know-How“ im Anlagebereich verfügen, schützenswert sind. Denn ein solches Wissen bringt keinerlei Vorteil, wenn der Berater über die tatsächlichen Gegebenheiten nicht aufklärt und wichtige Fakten nicht in die Anlageentscheidung einbezogen werden können.