EuGH-Urteil: Motorsteuerung zur Abschalteinrichtung unzulässig

Das EuGH hat am 17.12.2020 ein erstes Urteil im Abgasskandal veröffentlicht: die Motorsteuerung ist unzulässig. Der Einsatz einer Abschalteinrichtung zur Steuerung der Abgaswerte vestößt gegen EU-Recht und stellt daher eine Täuschung durch die Hersteller dar (C-693/18).

Motorsteuerung ist illegal: Der EuGH entscheidet im Abgasskandal.
Motorsteuerung ist illegal: Der EuGH entscheidet im Abgasskandal.

Gutachten „Motorsteuerung

Die folgenden zwei Arten von Motorsteuerung stehen im Mittelpunkt des Abgasskandals:

  1. Die Abschalteinrichtung (VW EA 189) erkennt, wann der Motor getestet wird, um die Emissionen für die Dauer des Tests zu reduzieren.
  2. Im Falle des Thermofensters (Mercedes-Abgasskandal) ist die Reduzierung der Abgasreinigung abhängig von der Außentemperatur. In einem Fenster von etwa 15 bis 28 Grad arbeitet das Reinigungssystem optimal.

In beiden Fällen können die manipulierten Fahrzeuge jedoch im Realbetrieb die gesetzlichen NOX-Grenzen aufgrund einer unzulässigen Motorsteuerung nicht erreichen.

Die Generalanwaltin des EuGH hat im März 2020 ein Gutachten veröffentlicht. In diesem Fall bezog sich ihr Gutachten auf die von VW in den EA 189-Motoren verwendete Motorsteuerung.

Sharpston urteilte, dass die Abschalteinrichtung nicht dazu dient, den Motor vor Schäden zu schützen. Somit ist die Reduzierung – grunsätzlich- nicht durch die VO 715/2007 erlaubt.

Der EuGH hat am 17.12.2020 nach diesem Gutachten entschieden.

Der EuGH entscheidet: Motorsteuerung ist unzulässig

In dem Urteil – C-693/18 – untersuchten die Richter die unterschiedlichen Definitionen von “illegaler Abschalteinrichtung” im Zusammenhang mit dem EA 189. Sie entschieden, dass Techniken, die von Herstellern zur Optimierung der Abgasreinigung ihrer Fahrzeuge eingesetzt werden, nicht zulässig sind.

Die EuGH-Richter entschieden zugunsten der Verbraucher. Dieselfahrer, deren Autos eine Abschalteinrichtung verwenden, haben nun bessere Chancen, ihre Rechte durchzusetzen.

Abschalteinrichtung zum Schutz des Motors ist keine Rechtfertigung und kein Grund für eine Ausnahmegenehmigung durch das KBA (Kraftfahrtbundesamt) :

Um eine Ausnahmegenehmigung nach Art 5 Abs 2 VO 715/2007 zu erhalten, muss der Autobauer stichhaltigere Argumente liefern. Dies ist bisher nicht geschehen.

“Das in der Verordnung aufgestellte Verbot würde nämlich
seiner Substanz entleert und jeder praktischen Wirksamkeit beraubt, wenn es möglich wäre, auf unzulässige Abschalteinrichtungen allein mit dem Ziel zurückzugreifen, den Motor vor Verschmutzung und Verschleiß zu bewahre,” so der EuGH.

Autobauer wie Daimler argumentieren, dass die Verwendung eines Thermofensters bei der Abgasrückführung aus Motorschutzgründen notwendig sei. Allerdings geht es dabei nicht um den Schutz des Motors vor unmittelbaren Schäden, sondern eher um den langfristigen Schutz vor Versottung. „Der EuGH hat dieser Argumentation endgültig eine Absage erteilt. Wir sehen gute Aussichten für Schadenersatzprozesse auch beim Thermofenster, wobei die Frage der arglistigen Täuschung noch umstritten bleibt,” so Rechtsanwalt Knud Steffan.

Der EuGH entscheidet nicht über die Frage des Schadensersatzes für den Einsatz von Manipulationen durch die Autoindustrie. Trotzdem ist das Urteil von entscheidender Bedeutung. Es stärkt die Argumente und Chancen vieler betroffener Dieselbesitzer und erleichtert die Durchsetzung ihrer Rechte gegen VW und Töchter Audi, Skoda, Seat, Daimler/ Mercedes Benz, BMW, Opel und andere.

Thermofenster auch nach Software-Update von VW und beim EA 288 unzulässig

Thermofenster werden z.B. in dem VW-Motor EA 189 auch nach dem Software-Update verwendet und kommen außerdem bei Fahrzeugen mit dem Nachfolgemotor EA 288 zum Einsatz. Hier bestehen nun gute Chancen, Schadenersatz durchzusetzen. Ansprüche gegen VW für den Motor EA 288 und aus dem getricksten Softwareupdate dürften auch nicht nicht verjährt sein.


Der EuGH entscheidet nicht über die Frage des Schadensersatzes für den Einsatz von Manipulationen durch die Autoindustrie. Trotzdem ist das Urteil von entscheidender Bedeutung. Es stärkt die Argumente und Chancen vieler betroffener Dieselbesitzer und erleichtert die Durchsetzung ihrer Rechte.

Neue Klagewelle nach EuGH-Urteil ?

Die europäischen Autobauer stehen vor einer Welle von Klagen, Rückrufaktionen und behördlicher Überprüfung.

Selbst wenn es ihnen gelingt, die Modelle zurückzurufen und die Motorsteuerung durch Software- oder Hardware-Update zu aktualisieren, werden viele Dieselfahrer ihre Schadensersatzansprüche geltend machen können.

Wie die Erfahrungen aus dem VW- und Mercedes-Abgasskandal zeigen, führen viele Updates zu Folgeschäden wie zum Beispiel:

  • immer noch nicht gesetzeskonforme hohe Emissionen (Euro 5 und 6 )
  • höherer Kraftstoffverbrauch
  • schnellere Abnutzung des Motors
  • großer Verlust des Wiederverkaufswerts

Justus rät:

Obwohl der EuGH im VW-Abgasskandal entschieden hat, hat dieses EuGH Urteil auch Auswirkungen auf Mercedes und BMW. Die Meinung der Hersteller, dass das sogenannte “Thermofenster” legal sei, ist nun nicht mehr zu vertretbar.

Viele Fahrzeugmodelle von Daimler, VW, Audi, Skoda, Seat und Porsche sind noch nicht untersucht worden. Das heißt, das Risiko einer Stilllegung und anderer Maßnahmen durch die Behörden ist noch nicht ausgeschlossen.


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JUSTUS Rechtsanwälte setzt Verbraucherrechte in dem VW Skandal, also die Rechte der betroffenen Autokäufer und VW-Aktionäre und Anleger durch.
Hierbei kommen sowohl Schäden der Aktionäre und Anleger, die durch den massiven Kurs- und Wertverluste der Aktien durch den Betrug und das Verschweigen des VW-Konzerns entstanden sind in Betracht, als auch die gerichtliche Durchsetzung der Rückgabe der betroffenen Fahrzeuge gegen Kaufpreiserstattung.

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Ihre Ansprüche als VW-Käufer

Volkswagen hat bekannt gegeben, dass weltweit und über alle Konzern-Marken hinweg rund elf Millionen Fahrzeuge betroffen sind, die mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 mit einem Hubraum von 1,2, 1,6 oder 2,0 Liter ausgestattet sind.
Es geht dabei zum Beispiel um den Golf der sechsten Generation, den Passat der siebten Generation sowie um die erste Generation des Volkswagen Tiguan. Betroffen sind außerdem Fahrzeuge von Skoda, Seat und Audi.
Allein in Deutschland sind nach VW-Angaben gut 2,5 Millionen Fahrzeuge betroffen. Sollten Sie ein solches Fahrzeug besitzen, informiert Sie der Hersteller über das konkrete Nachbesserungsangebot.
Hierauf müssem Sie sich nicht einlassen. Nach neueren Urteilen kommt auch der Rückkauf der Fahrzeuge und Schadenrsatz in Betracht.

Auch kommen inzwischen weitere Dieselautohersteller wie Mercedes in den Verdacht, die Abgas-Grenzwerte im tatsächlichen Verkehr um ein Vielfaches zu überschreiten.

Ist Ihr Auto betroffen?

Sie können selbst prüfen, ob in Ihrem Fahrzeug die Manipulationssoftware eingebaut ist. Dazu benötigen Sie die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (alter Name: Fahrgestellnummer). Diese finden Sie in der Zulassungsbescheinigung Teil I (alter Name: Fahrzeugschein) in der Zeile 4 oder im Auto auf der Fahrerseite zwischen Armaturenbrett und Windschutzscheibe. Die Nummer geben Sie auf der entsprechende Webseite (z.b. www.volkswagen.de/info) ein und bekommen dann Auskunft, ob in Ihrem Fahrzeug die Manipulationssoftware eingebaut ist.

Ihre Rechte im VW Abgasskandal gegenüber VW, Skoda, Audi und Seat sollten Sie dann umgehend wahrnehmen, zumal in vielen Fällen die Gewährleistungansprüche bereits verjährt sein könnten, bzw. die Verjährung in Kürze einzutreten droht.

Nachbesserung

Halter von Fahrzeugen mit dem betroffenen Dieselmotor haben gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Nachbesserung. Sie müssen dazu aber den Händler schriftlich zur Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist auffordern.

Rücktritt vom Kaufvertrag

Ist der Verkäufer schriftlich zur Nachbesserung aufgefordert aber nach angemessener Frist die manipulierten Abgassoftware nicht ausgetauscht, so kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten (§§ 434 Abs. 1 Satz 1, 437, 440, 323 BGB). Angemessen ist heir ohl eine Frist von etwa 2 Monaten zur Nachbesserung. Nach einigen Urteilen ist eine Fristsetzung zur Nachbesserung nicht nötig (z.B. Landgericht Krefeld). Es ist aber zu empfehlen, den Ablauf der Nachfrist abzuwarten.

Minderung des Kaufpreises wegen Sachmangel
Wenn die Nachbesserung nicht gelingt, kann ein Käufer neben dem Rücktritt auch den Kaufpreis mindern (§ 441 BGB). Wire hoch der Scahden und damit der Minderungsbetrag wegen der Manipulationssoftware ist, kann mangels Rechtsprechung nur geschätzt oder durch Gutachter bewertet werden.

Erklären Sie jetzt - nach Nachbesserungsfrist - den Rücktritt und verlangen den Kaufpreis

Die Aussichten für die Rückabwicklung des Kaufs der betroffenen umwelt- und gesundheitsschädlichen PKW sind gut. Es gibt mittlerweile mittlerweile bundesweit im VW-Abgasskandal Urteile, nach denen Autohändler verurteilt wurden, die manipulierten Autos zurück zu nehmen.
Lassen Sie sich daher nicht vertrösten, sondern lassen Sie rechtzeitig den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und klagen ggf. den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung ein.
Es ist durchaus naheliegend, dass bald sämtliche maipulierten Dieselautos im VW Abgasskandal die Teilnahme am Straßenverkehr untersagt wird und dies aufgrund der 5 - 10fachen Überschreitung der Eurogrenznorm auch zu Recht.

VW- Prozesstaktik durch Vergleich und Verjährung:

Die Taktik von VW zielt anscheinend auf eine Sache besonders ab: Die Verjährung von Mängelgewährleistungsrechten abzuwarten und dann ggf. geltend zu machen. Durch jeden Vergleich wird eine Entscheidung eines Gerichtes umgangen bzw. herausgezögert. Insbesondere wird nicht durch ein Oberlandesgericht zu Lasten des Konzerns entschieden.
Allerdings haben u.g. Gerichte schon verbraucherfreundlich entschieden. Die Devise der VW-Käufer muss folglich lauten seine Rechte gegen den Konzern bzw. den Vertragshändler durchzusetzen.
 
Urteile pro Autokäufer in VW Abgasskandal:

Landgericht Lüneburg vom 2. Juni 2016, Az. 4 O 3/16 (Rücknahme VW-Passat durch Autohändler).
Landgericht Krefeld hat in seinem Urteil vom 14. September 2016 – 2 O 83/16 (Rücktritt auch ohne Fristsetzung zur Nachbesserung, da nicht bloß unerhebliche Pflichtverletzung i.S.v. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB).
Landgericht München I, Urteil vom 14. April 2016, Az. 23 O 23033/15
Landgericht Krefeld, Urteile vom 14. September 2016, Az. 2 O 72/16 und 83/16
Landgericht Oldenburg, Urteil vom 1. September 2016, Az. 16 O 790/16;
Landgericht Braunschweig, Urteil vom 12. Oktober 2016, Az. 4 O 202/16
Landgericht München II, Urteil vom 15.11.2016, (Az. 12 O 1482/16 – nicht rechtskräftig)

Auch Mercedes-Benz, Opel und Renault unter Druck

Laut Pressemitteilung von Frontal21 sollen bestimmte Diesel-Modelle von Mercedes-Benz Stickoxidwerte zeigen, die deutlich über dem erlaubten US-Grenzwert liegen.
Neue Abgasmessungen an den Mercedes-Dieselmodellen R 350 und GLK 250 in den USA sollen überhöhte Stickoxidwerte bis zum 20-fachen über dem US-Grenzwert zeigen. "Unsere Messungen ergeben, dass Mercedes gegen die US-Abgasgesetze verstößt“, erklärt dazu Steve Berman von der Kanzlei Hagen Berman in Seattle gegenüber Frontal21 und der Wochenzeitung "Die Zeit". "Daimler verhält sich genauso wie Volkswagen“, so Berman weiter. "Beide wurden erwischt, und beide haben zuerst geleugnet.“ Wie VW habe auch Mercedes in den USA damit geworben, besonders saubere Dieselautos herzustellen.

Die Abgas-Nachmessungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) an Diesel-Autos haben Folgen für weitere Autohersteller. Neben den Marken des Volkswagen-Konzerns – VW, Audi und Porsche – sollen auch Mercedes, Opel und Renault gezwungen sein, Autos zurückzurufen. Insgesamt 630.000 Autos seien davon betroffen.

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