Berufsunfähigkeitsversicherung – Verweisung nach Umschulung

Das Landgericht Heidelberg entschied, dass es für Verweisung bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht darauf ankomme, ob der Versicherungsnehmer durch eine neue Tätigkeit mehr Freizeit und ein höheres Einkommen oder eine soziale Absicherung habe. Der Vergleich der Berufe richte sich allein nach der Ähnlichkeit der Lebensstellung sowie der Qualifikation.

Abstrakte Verweisungsklausel bei freiwilligem Erwerb neuer Fähigkeiten

In diesem Fall war der klagende Versicherungsnehmer selbstständiger Gas- und Wasserinstallateur-Meister. Wegen schwerer Depressionen konnte der Versicherungsnehmer diesen Beruf jedoch nicht mehr ausüben, wobei die Versicherung zunächst die Berufsunfähigkeit anerkannte und die vereinbarten Leistungen erbrachte. Als der Versicherungsnehmer eine Umschulung zum medizinisch-technischen Laborassistenten (MTA) vornahm und auch anfing in diesem Bereich tätig zu werden, verweigerte die Versicherung die Zahlung.

Berufsunfähigkeitsversicherung - Verweisung nach Umschulung
Berufsunfähigkeitsversicherung – Verweisung nach Umschulung

Wie funktioniert die Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Berufsunfähigkeitsversicherung garantiert die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente im Falle einer eintretenden Berufsunfähigkeit. Versichert ist die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit.

Verweisung und die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht:

Nicht selten kommt es dabei zu Rechtsstreitigkeiten, denn von Seiten der Versicherer wird im sog. Nachprüfungsverfahren untersucht, ob tatsächlich weiter eine Zahlungsverpflichtung vorliegt. Umso wichtiger ist es, diese Entscheidung überprüfen zu lassen, wenn die Leistungen eingestellt werden sollen und die Versicherungsnehmer auf die derzeitige Tätigkeit verwiesen wird.

Die BU – Versicherer versuchen oftmals auch mittels Formfehlern oder angeblichen vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzungen ihrer Zahlungsverpflichtung zu entgehen. Diesem Vorgehen kann z.B. durch die Festellung einer unseriösen Beratung durch den Versicherungsagenten entgegengewirkt werden. Auch der Rücktritt des Versicherers wegen vorhandener Formfehler ist in den meisten Fällen unwirksam.

Durch Umschulung keinen Leistungungsanspruch mehr? 

In diesem Fall wollte der Versicherer den Versicherten auf seinen alten Beruf verweisen, da er der Auffassung war, der neue Beruf entspreche der bisherigen Lebensstellung des Versicherungsnehmers und genüge seiner Qualifikation, da er nun ein besseres Einkommen, weniger Arbeitszeit und soziale Absicherung hätte. Bei Vergleichbarkeit ist eine Verweisung und Leistungseinstellung der BU-Leistungen möglich.

Landgericht Heidelberg stellte sich auf Seite des Versicherungsnehmers

Das Landgericht Heidelberg gab jedoch dem auf Leistung klagenden Versicherungsnehmer recht und entschied, dass ein selbstständiger Gas- und Wasserinstallateur-Meister ein höheres Ansehen genieße als ein angestellter MTA. Außerdem sei es unwichtig, ob der Versicherungsnehmer durch einen neuen Beruf mehr Freizeit und ein höheres Einkommen habe, da es allein um die Vergleichbarkeit der Lebensstellung sowie der Qualifikation gehe.

Bemühung neuen Beruf zu finden soll nicht bestraft werden

Auch die Berufung der Berufsunfähigkeitsversicherung schlug fehl, da das Oberlandesgericht ebenso meinte, dass  bilanzierende Erwägungen bei der Prüfung der Verweisbarkeit nicht zu berücksichtigen seien.  Der Versicherer kann seine Leistung  erst dann einstellen, wenn der Versicherungsnehmer in seinem neuen Beruf eine unbefristete Stelle gefunden habe, was hier nicht der Fall war. Das sich der Versicherungsnehmer freiwillig um den Erwerb neuer Fähigkeiten und einen neuen Beruf bemüht habe, dürfe man ihm nicht zu seinen Lasten anrechnen. Die Verweisung und Leistungseinstellung war heir rechtswidrig; der Versicherungsnehmer hat weiter Anspruch auf Leistungen aus der BU.

Justus rät:

Wenn Sie als Versicherungsnehmer betroffen sind, sollten Sie die Leistungsverweigerung Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) nicht einfach hinnehmen, sondern Ihre Vertragsunterlagen durch einen unserer auf das Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte überprüfen lassen. Schreiben Sie uns über das Kontaktformular oder rufen uns direkt an.

Foto: pixabay.com

Ansprechpartner:
Grit Rahn
Rechtsanwältin
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Telefon: 030-440 449 66
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Eine Antwort auf „Berufsunfähigkeitsversicherung – Verweisung nach Umschulung“

  1. Vielen Dank, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, diesen Artikel zum Thema Versicherung bei Berufsunfähigkeit mit uns zu teilen. Ich denke, ich kann mit bestimmten Dingen einverstanden sein. Ich werde sie noch einmal überdenken. Mein Vater hatte kürzlich einen Unfall und wird wahrscheinlich eine Invaliditätsversicherung benötigen.

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VERSICHERUNGSRECHT82
Versicherungsrecht Das Versicherungsrecht regelt die Rechte und Pflichten zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsgeber. Versicherungsrecht Es umfasst Rechtsvorschriften für die Sozialversicherung und die Privatversicherung (Privatversicherungsrecht). Versicherungen sind Verträge zwischen zwei Parteien, dem Anbieter und dem Versicherungsnehmer. In ihnen sind Leistungen festgelegt, die bei einem Unglücksfall zur Auszahlung kommen sollen. Rechtsnormen im Versicherungsrecht: Neben den allgemeinen Rechtsnormen des BGB, HGB, AGBG etc. v.a. das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Sie können uns in allen Versicherungsstreitigkeiten beauftragen. Insbesondere sind wir tätig bei folgenden Versicherungen:
Bei der Lebensversicherung handelt es sich um eine Individualversicherung, die den Tod der versicherten Person wirtschaftlich absichert. Dazu wird ein Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, indem vereinbart wird, dass eine bestimmte Versicherungsleistung im vertraglich vereinbarten Versicherungsfall an den Versicherungsnehmer oder einen anderen Bezugsberechtigten ausgezahlt wird. Eine Lebensversicherung kann in eine Risikolebensversicherung oder Kapitallebensversicherung unterschieden werden. Risikolebensversicherungen schützen die finanzielle Absicherung der Familienangehörigen des Versicherten, sollte dieser sterben.
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Die BU-Versicherung garantiert die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente im Falle einer eintretenden Berufsunfähigkeit. Versichert ist die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Nicht selten kommt es dabei zu Rechtsstreitigkeiten, denn von Seiten der Versicherer wird genauestens untersucht, ob tatsächlich eine Zahlungsverpflichtung vorliegt. Die Berufsunfähigkeitsversicherung dient letzlich dem Schutz vor Armut, sollte man nicht mehr in der Lage sein, am Erwerbsleben teilzunehmen.
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