Verjährung durch unzureichende Güteanträge – Anwaltskanzleien droht Prozesswelle

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 18.06.2015 in einem Urteil (Az.: III ZR 189/14, 191/14,198/14 und 227/14) festgestellt, dass in den vier verhandelten Fällen die dort verwendeten Güteanträge zur Hemmung der Verjährung von Schadensersatz den entsprechenden Anforderungen nicht genügten.
Der Sachverhalt:
Mehrere Ehepaare hatten sich in den Jahren 1999 und 2001 an geschlossenen Immobilienfonds beteiligt, die ihnen vom Nachfolgeunternehmen des Finanzvertriebs AWD, der Swiss Life Select Deutschland GmbH, verkauft worden waren. Der Vorwurf lautete hier auf Falschberatung. Sehr viele Anleger haben nach Vermittlung/ Beratung des AWD, jetzt SwissLife mit ihren Investments viel Geld verloren.
Massenverjährungen durch verbraucherfeindliche Vorschrift im BGB:
In sämtlichen Altfällen drohte die 10jährige absolute Verjährung von Schadenersatzansprüchen zum 31.12.2011. Während also “Maschmeyer & Co” schon die Champangerflaschen öffneten, da der bankenfreundliche Gesetzgeber eine rückwirkende, katastrophale Verjährungsfrist beschlossen hatte, mussten eine Vielzahl von Anlegerschutzkanzleien in kürzester Zeit die drohenden Verjährungen hemmen. Dies obwohl bei vielen Fonds oder Beteiligungen meißt erst nach 10 Jahren der (Teil-)Verlußt der Einlagen überhaupt bekannt gemacht wird.
BGH: Mustergüteanträge ohne Bezeichnung der Ansprüche und des Sachverhaltes sind unzureichend:
In den streitgegenständlichen Fällen sind standardisierte Mustergüteanträge verwandt worden, die als individuelle Angaben lediglich die Namen der Kläger (als Anleger, Gläubiger und Antragsteller) sowie die Bezeichnung des Anlagefonds enthalten haben. In den Anträgen wurden weder die Zeichnungssumme, der ungefähre Beratungszeitraum noch andere individualisierende Tatsachen benannt. Des Weiteren wurde auch das angestrebte Verfahrensziel nicht ausreichend beschrieben.
Diese Mustergüteanträge sind nun vom Bundesgerichtshof als nicht ausreichend eingestuft worden, um eine Verjährungshemmung herbeizuführen. Die Schadensersatzansprüche der Anleger sind damit wegen eingetretener Verjährung nicht mehr durchsetzbar.
Aus der (ex post-)Sicht des Bundesgerichtshof müssen die Güteanträge in Anlageberatungsfällen folgende Angaben enthalten:
- die konkrete Kapitalanlage,
- die Zeichnungssumme,
- den Hergang der Beratung und etwa den Beratungszeitpunkt,
- das angestrebte Verfahrensziel
Nicht erforderlich ist demgegenüber eine genaue Bezifferung der Forderung.
Anwaltshaftung bei Verjährung der Ansprüche trotz rechtzeitiger Beauftragung:
Bei eingetretener Verjährung der Ansprüche aufgrund eines Versäumnisses des beauftragten Rechtsanwalts steht dem Mandanten grundsätzlich eine Schadenersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt zu. Rechtsanwaälte sind verpflichtet diese möglichen Haftungsfälle durch eine Berufshaftpflichtversicherung abzudecken.
Gerade bei Verjährungen von vermeintlichen Schadenersatzansprüchen im Bank- und Kapitalmarktrecht sollte auch ein Fachanwalt im Bank- und Kapitalmarktrecht mit der Prüfung und Durchsetzung des Haftungsanspruchs beauftragt werden. Denn selbst, wenn ein Fehler des Rechtsanwaltes vorliegt, welcher zur Verjährung des Schadenersatzanspruches geführt hat, so muss dieser Anspruch gegen das Finanzunternehmen, Bank, Fonds auch ansonsten begründet gewesen sein.
Regelmäßig wird dies durch die Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts bestritten werden.
Die Kanzlei Justus Rechtsanwälte vertritt seit über 10 Jahren Anleger auch in Fragen der Rechtsanwaltshaftung. Lesen Sie hier mehr zur Anwaltshaftung.
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Rechtsanwalt Knud J. Steffan
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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