Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltungsanspruch verfällt künftig nicht mehr automatisch zum Jahresende
In dem am 19.06.2012 vom Bundesarbeitsgericht erlassenen Urteil wurde nun entschieden, dass der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch unabhängig von der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers als reiner Geldanspruch zu handhaben sei. (BAG 9 AZR 652/10) Dieser Anspruch auf Auszahlung des noch nicht genommenen Urlaubs muss nun nicht mehr im Urlaubsjahr selbst geltend gemacht werden.
Bisherige Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs:
Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Ausnahmen sind nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur im Falle dringender betrieblicher oder persönlicher Gründe statthaft und müssten innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. Diese Fristenregelung des Bundesurlaubsgesetzes galt grundsätzlich auch für den Urlaubsabgeltungsanspruch, da der Abgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bisher als Ersatz (Surrogat) des nicht mehr realisierbaren Urlaubsanspruchs gesehen wurde.
Bundesarbeitsgericht rückt von der Surrogatstheorie ab:
Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsfähig sei oder nicht, entschied der Senat laut Pressemitteilung des BAG, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nun nicht mehr dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes unterläge. Hintergrund ist die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser führte an, dass § 7 Abs. 2 BUrlG der Richtlinie 2003/88 entgegenstünde, wenn trotz Krankheit des Arbeitnehmers im Bezugs- und/ oder Übertragungszeitraum keine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Urlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses gezählt würde. Diesen Gedanken übertrug das Bundesarbeitsgericht nun auch auf Arbeitsverhältnisse nicht erkrankter Arbeitnehmer.
Konkreter Rechtsstreit:
Der Kläger war beim Beklagten als Operating-Manager beschäftigt. Nachdem das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2008 durch einen Entscheid des Arbeitsgerichtes endete, forderte der Kläger im Januar 2009 die Abgeltung des noch bestehenden Urlaubs von 16 Tagen. Die Klage wurde vom Arbeitsgericht und vom Landesarbeitsgericht abgewiesen. Die Revision des Klägers vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichtes hatte nun Erfolg. (BAG 9 AZR 652/10)
Das sollten Arbeitnehmer beachten:
Da der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch als reiner Geldanspruch nun, unabhängig von der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers, nicht mehr den Fristenregelungen des Bundesurlaubsgesetzes unterfällt, gelten dafür jetzt andere Fristen. Regelmäßig gelten für Arbeits- oder Tarifverträge sogenannte Ausschlussfristen von meist drei bis sechs Monaten. Sofern keine Regelung vorliegt, greift die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren.
Die Kanzlei JUSTUS Rechtsanwälte und Steuerberater Berlin berät und vertritt seit vielen Jahren Arbeitnehmer und Arbeitgeber in allen arbeitsrechtlichen Fragen. Soweit Sie Fragen zum Urlaubsgeldanspruch oder zum allgemeinen Arbeitsrecht haben, wenden Sie sich bitte telefonisch oder über das Kontaktformular an uns. Die telefonische Auskunft zu Gebühren und Verfahren ist kostenfrei.
Knud J. Steffan,
Hans-Ulrich Kleimann,
Fachanwalt für Arbeitsrecht
JUSTUS Rechtsanwälte & Steuerberater
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