Landgericht Düsseldorf verwirft Risikoprofile der Citibank (Targobank) als Grundlage einer anlegergerechten Beratung (Urteil vom 15. Juni 2010 – Az. 10 O 146/09 betreffend Lehman Brothers Alpha Express, Bonus Express auf Rohöl, Step-Up Express, Öl-Twin-Win Zertifikate)
Die überwiegende Zahl geschädigter Anleger erwarb Lehman Zertifikate aufgrund von Anlageempfehlungen der Citibank, deren damalige Konzernmutter Citicorp Inc. zweitgrößte Aktionärin und größte Gläubigerin von Lehman Brothers Holding Inc. war.
Risikoprofile der Citibank/Targobank:
Als Grundlage dieser Anlageempfehlungen dienten von der Citibank gefertigte „Risikoprofile“, in denen die vermeintliche Vorerfahrung und die Risikoneigung ihrer Wertpapierkunden dokumentiert worden sein soll. Darin wurden jedoch offenbar systematisch möglichst weitgehende Vorerfahrungen und möglichst hohe Risikoneigungen ausgewiesen – wohl, um später ggf. den Nachweis einer vermeintlich anlegergerechten Beratung zu liefern.
Die Bank wollte so mutmaßlich ihr Vorhaben absichern, auch sicherheitsorientierten Anlegern riskante Produkte wie bspw. Lehman Brothers Zertifikate zu empfehlen. Wirtschaftlicher Hintergrund dessen ist, dass eine Bank für die Vermittlung von riskanteren Kapitalanlagen von den jeweiligen Anbietern höhere Provisionen erhält als für die Vermittlung konservativer Anlagen, die auch ohne besondere Anpreisungen eines Bankberaters genügend Anleger finden.
Landgericht Düsseldorf hält Risikoprofile für irreführend und nichtssagend:
Das Landgericht Düsseldorf hat nun in einer aktuellen Entscheidung ein von der Citibank vorgelegtes Risikoprofil für eine 77-jährige Anlegerin als gänzlich irreführend und nichtssagend bzgl. des tatsächlichen Anlegerprofils verworfen und die Citibank mangels anlegergerechter Beratung zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt (Urteil vom 15. Juni 2010 – Az. 10 O 146/09).
In der Urteilsbegründung des Landgerichts Düsseldorf heißt es hierzu in Auszügen, Zitat:
[…]„Die von der Beklagten (Anm.: Citibank) vorgelegten Risikoprofile stellen für die Anlageempfehlung der Beklagten keine tragfähige Grundlage dar. In dem betreffenden Schriftstück sind fünf Fragen zur Risikoeinstellung des Kunden enthalten, die in einer Bandbreite von vier Stufen beantwortet werden können. Von diesen Stufen sind lediglich zwei mit den Überschriften „stimme nicht zu" und „stimme voll zu" versehen. Die dazwischen gelegenen Abstufungen werden nicht näher präzisiert. Nach dem Vorbringen der Beklagten sollen sich darin unterschiedliche Tendenzen des Kunden zur Risikoeinstellung darstellen. Welche Tendenzen dies sind, erschließt sich aus dem Dokument nicht, so dass hieraus weder für den Anleger noch für die beratende Bank zwingende Schlüsse gezogen werden können.
[…]
Dann aber bieten die angekreuzten Antworten zur Risikoeinstellung der Klägerin (Anm.: geschädigte Anlegerin) keine tragfähige Grundlage für eine ordnungsgemäße Exploration des Kunden und eine darauf basierende anlegergerechte Beratung. Es ist letztlich völlig unklar, was die Klägerin mit ihren Angaben zum Ausdruck bringen wollte. Der Beklagten konnte nach den ausnahmslos „tendenziösen" Antworten der Klägerin in keinster Weise deren Risikobereitschaft bekannt sein. Denn ohne Spezifikation ist nicht ersichtlich, was es bedeutet und was demnach für eine Folge hieran geknüpft werden kann, wenn ein Anleger beispielsweise angibt, bei seinen Anlagen „nicht ganz voll zustimmend" die Sicherheit in den Vordergrund zu stellen. Es handelt sich lediglich um vage Tendenzen, die nicht zur Grundlage einer fundierten Beratung gemacht werden können und die den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine auf den einzelnen Anleger ausgerichteten Beratung nicht gerecht werden“
[…]
Schließlich ist es ohne Belang, in welche Art von Geschäften die Klägerin in der Vergangenheit investiert hatte. Dies mag wesentlich sein für die Frage der objektgerechten Beratung und dafür, über weiche Anlageerfahrung ein Kunde verfügt. Es besagt aber in Bezug auf den jetzigen und hier maßgeblichen Kundenwunsch nichts. Gemäß dem Risikoprofil war die Klägerin nicht bereit, Risiken zu akzeptieren und es stellte für sie eine starke Belastung dar, wenn auch nur ein Teil des Vermögens verloren ging. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass jedenfalls das eingezahlte Kapital erhalten bleiben sollte. Dieses Anlageziel war mit den von dem Kundenberater der Beklagten empfohlenen Geldanlagen nicht zu erreichen. Allein schon der Umstand, dass die Anlagen nicht unter den Einlagensicherungsfonds fielen, spricht gegen den Wunsch nach einer letztlich sicheren Anlage ohne Kapitalverlust (vgl. im Ergebnis: BGH, Urteil vom 14.07.2009, XI ZR 152/08, Rdn 51, eingestellt in juris), Dass die Anlagen darüber hinaus letztlich Wetten mit Kapitalverlustmöglichkeiten darstellen, bedarf keiner weiteren Erörterung. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob die Klägerin sich der Risiken hinreichend bewusst war. Insoweit kommt es allein darauf an, ob die empfohlene Geldanlage dem Anlageziel der Klägerin nicht entsprachen und ihr daher gar nicht hätten angeboten werden dürfen (vgl. im Ergebnis BGH aaO).“[…]
Diesen Ausführungen ist vollumfänglich zuzustimmen. Das Urteilsvermögen der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf ist sehr zu begrüßen und liefert weitere wichtige Argumente für eine erfolgreiche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen geschädigter Anleger gegen die Citibank.
Schriftliche Erstberatung und Deckungsanfrage bei der Rechtsschutzversicherung:
Die Kanzlei Justus Rechtsanwälte & Steuerberater vertritt inzwischen über 500 Lehman Anleger und führt bundesweit Klagen gegen die beratenden Banken durch. Wir bieten allen Lehman Brother Anlegern eine schriftliche Erstberatung an, die eine Ersteinschätzung über das Kostenrisiko und die voraussichtlichen Erfolgsaussichten einer Zahlungsklage gibt.
Für die Erstberatung und Einleitung des Schlichtungsverfahrens bitte den Fragebogen Beratungspool Lehman Brothers ausdrucken und einsenden oder füllen Sie einfach unser Kontaktformular aus.
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Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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