Verdeckte Provisionen der Sparkasse – Schadensersatz und Betrugsverdacht
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in seinem Urteil (Az.: 9 U 129/10) vom 16.03.2011 festgestellt, dass die Kreissparkasse Tübingen einer Kundin Schadensersatz zahlen muss. Der Anlegerin war beim Kauf von Deka-Investmentfondsanteilen vorsätzlich verschwiegen worden, dass die Sparkasse Kick-Back-Zahlungen des Fondsanbieters kassierte. Womöglich liegt in dem Zusammenhang sogar strafbare Untreue oder Betrug vor.
Sachverhalt:
In einer Kapitalanlageberatung empfiehlt ein Berater der Kreissparkasse Tübingen der Klägerin im Frühjahr 2000 eine Beteiligung am Fonds Deka Technologie CF in Höhe von 50.000 €, woraufhin diese 540 Anteile erwirbt. Zusätzlich zum Anteilspreis zahlt sie 3,75 % Ausgabeaufschlag und jährlich 1,25 Verwaltungsgebühr. Eine Aufklärung darüber, dass die Fondsgesellschaft den größten Teil des Ausgabeaufschlags wieder an die Sparkasse zurückzahlt und sie zudem ein Drittel der jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, unterbleibt. Zu dieser Zeit sind derartige Kick-Back-Zahlungen an Geldinstitute ohne Wissen der Anleger gang und gäbe. Vorliegend verloren die Fondsanteile erheblich an Wert, woraufhin die Anlegerin Schadensersatz verlangte.
Das Problem der Verjährung und Urteil in erster Instanz:
Nachdem der BGH bereits die Aufklärungspflicht von Geldinstituten gegenüber Kunden über Provisionszahlungen festgestellt hat, da der Kunde wissen müsse, in welchem Umfang Anlageberater auch eigene Interessen verfolgen, stellt sich für den Anleger nur noch das Hindernis der Verjährungsfrist. Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen unterbliebener Aufklärung beim Kauf von Wertpapieren tritt gemäß Wertpapierhandelsgesetz drei Jahre nach Anspruchsentstehung ein. Im konkreten Fall waren bei Klageerhebung zwar bereits drei Jahre verstrichen, allerdings vertrat die Klägerin den Standpunkt, dass die „kurze“ Verjährungsfrist nicht gelten dürfe, wenn dem Geldinstitut Vorsatz zur Last falle. Die Sparkasse habe die Kick-Back-Zahlungen vorsätzlich verschwiegen. Die Information sei aber geboten gewesen, da die Bank solche Provisionen eigentlich an den Kunden zurückzahlen müsse. Die Gegenseite verwies hingegen auf ein Schreiben des Sparkassen- und Giroverbandes, wonach die Sparkasse die Deka-Provisionen ohne Aufklärung behalten durfte. Das LG Stuttgart gab der Sparkasse in erster Instanz recht, da diese sich auf die Verbandsauskunft verlassen dürfe und daher nicht vorsätzlich gehandelt habe.
Wende mit Urteil des OLG:
Das OLG Stuttgart kam zu einer ganz anderen Einschätzung. Die Sparkasse Tübingen habe die Kick-Back-Zahlungen absichtlich und systematisch verschwiegen. Das Verbandsschreiben könne dabei keine Rolle spielen und sei zudem in sich widersprüchlich. Bereits die Entscheidung, Provisionsvereinbarungen zu treffen mit dem Vorsatz, die vereinnahmten Provisionen nicht an Kunden weiterzugeben, wirft Fragen der Strafbarkeit der Organe der Beklagten auf. Eine Revision ließen die OLG-Richter nicht zu.
Folge des Urteils:
Die Feststellung des vorsätzlichen Handelns der Sparkasse hat weitreichende Folgen für die Verjährungsfrist. Für Kunden, die nach Beratungen Kapitalanlagen getätigt und dabei Verluste erlitten haben, besteht nun die Möglichkeit bis zu 30 Jahre lang Schadensersatzansprüche durchzusetzen, wenn die Geldinstitute verdeckte Kick-Back-Zahlungen erhalten haben.
JUSTUS rät:
Bei Anlegern, die in den Jahren ab 1981 über das Geldinstitut Fondsanteile oder eine ähnliche Geldanlage erworben und damit Verluste erlitten haben, bestehen gute Chancen auf Schadenersatz. Es ist allerdings in jedem Einzelfall das Vorliegen von versteckten Provisionen zu prüfen. Betroffene sollten sich zeitnah von einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht beraten lassen. Erste Schadenersatzansprüche werden Ende 2011 verjähren.
Für die schriftliche Erstberatung, welche auch die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung umfasst, drucken Sie bitte einfach das Auftragsformular für geschädigte Kapitalanleger aus und senden es ausgefüllt, zusammen mit den Zeichnungsscheinen und den wesentlichen Unterlagen zu. Für die Erstberatung entsteht Ihnen eine Gebühr in Höhe von netto 80,- €. Gern können Sie sich auch unverbindlich per Email oder Telefon an uns wenden.
Ansprechpartner:
Rechtsanwalt Knud J. Steffan
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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