Oberlandesgericht München sieht auch Tochtergesellschaft einer Bank in der Aufklärungspflicht
OLG München, Urteil vom 29. 3. 2011 – 5 U 4680/10
Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass Rückvergütungen, also aufklärungspflichtige Provisionen, auch dann durch den Anlagevermittler offengelegt werden müssen, wenn ein Tochterunternehmen, das im rechtlichen Sinne nicht als Bank tätig ist, die eigentliche Beratung übernimmt und eine Provision erhält.
Im vorliegenden Fall erwarb der Kläger aufgrund der Beratung durch ein Tochterunternehmen einer Bank Anteile an einem Medienfonds. Diese Beteiligung wollte er rückabwickeln, nicht zuletzt, nachdem er erfahren hatte, dass der Betreiber des Medienfonds eine Provision in Höhe von 8 % an die Tochtergesellschaft gezahlt hatte.
Die beratende Gesellschaft brachte hierzu vor, sie sei als freie, ungebundene Anlagevermittlerin, nicht als Anlageberaterin tätig geworden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, (BGH, 15.04.2010, Az. III ZR 196/09) besteht im Rahmen einer Tätigkeit als Letztgenannte keine Pflicht zur Offenlegung von Rückvergütungen, so dass ein Schadensersatzanspruch ausscheiden würde.
Dieser Ansicht tritt allerdings das Oberlandesgericht entgegen: auch das Tochterunternehmen einer Bank sei als Anlageberaterin tätig, da sie auf Kundendaten und Informationen zur Vermögenslage zurückgreifen könne. Dabei muss es sich bei dem Tochterunternehmen selbst nicht um eine Bank handeln; die innerbetriebliche, juristische Struktur könne nicht ausschlaggebend für die Einordnung sein; wichtig sei vielmehr, wie das Unternehmen dem Kunden gegenübertritt. Es treten bei einer solchen Verflechtung, wenn, wie hier, die Kunden von der Bank akquiriert und zum Tochterunternehmen zur weiteren Abwicklung geschickt werden, die gleichen Interessenkonflikte wie bei einer direkten Beratung durch die Bank auf, so dass auch dieselbe Behandlung geboten scheint.
Damit besteht auch für das Tochterunternehmen grundsätzlich die Pflicht, über Rückvergütungen aufzuklären. Aufzuklären habe nach Ansicht des Oberlandesgerichtes und der wohl überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung eine Bank im Anlageberatungsverhältnis über die Rückvergütung, die an sie umsatzabhängig als Vermittlerin bezahlt wird, und zwar auch dann, wenn durch den Anspruch auf Rückvergütungen wegen der widerstreitenden Interessen eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen worden ist; dieser kann bei fehlender Aufklärung nicht entscheiden, ob die Empfehlung für eine Anlage wegen deren günstigen Konditionen oder aufgrund der Provision erfolgt.
Derartige aufklärungspflichtige Rückvergütungen lagen hier konkret auch vor: dies ist nämlich dann der Fall, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Anlagegesellschaft zahlt, umsatzabhängig an die beratende Bank oder wie hier die Tochtergesellschaft zurückfließen (ebenso BGH, 15.04.2010, Az. III ZR 196/09). Dabei sind als Quelle der Rückvergütungen „Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen” keine abschließende Aufzählung (vgl. BGH, 09.03.2011, Az. XI ZR 191/10) . Dieser Pflicht ist die Tochtergesellschaft nicht nachgekommen, sie hat sich schadensersatzpflichtig gemacht.
Das Urteil des Oberlandesgerichts München bedeutet eine weitere Bestätigung und Konkretisierung der so genannten „kick-back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Zu begrüßen ist, dass sich das Oberlandesgericht in ausdrücklicher Orientierung an der bereits ergangenen Rechtsprechung streng an den dort aufgestellten Kriterien orientiert und so für mehr Rechtssicherheit sorgt.