Kapitalmarktrecht: Keine Haftung einer Online-Bank für unvollständige Angaben im sog. “informer” (OLG Schleswig Beschluss vom 02.06.2014, Az.: 5 U 67/14)
Sachverhalt Online-Bank:
Die Beklagte, eine Direktbank, stellt ihren Kunden im Internet einen sogenannten „informer“ zur Verfügung. Auf dieser Internetseite findet sich eine Suchmaske, mit deren Hilfe die Kunden Informationen zu ca. 1.170.000 Wertpapieren abfragen können. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Nutzung dieses „informers“ erklärt die Beklagte, keine Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit oder Genauigkeit der Informationen zu übernehmen. Ferner schloss und schließt die Beklagte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihre Haftung für einfache Fahrlässigkeit aus.
Der Kläger nutzte den „informer“. Er fand dort eine Information zu einer Anleihe der C-bank AG AAL Classic 11.12…, in der es unter anderem heißt: „Rückzahlungskurs: 100 Prozent.“ Diese Anleihe konnte der Emittent, also die C-bank AG, unter bestimmten Bedingungen nicht in Geld, sondern in Aktien zurückzahlen; ein Hinweis darauf findet sich in der Beschreibung auf dem „informer“ nicht.
Der Kläger erwarb am 23. Juni 2011 und am 26. Juni 2011 über die Beklagte jeweils die vorgenannten Anleihen im Nennbetrag von jeweils 20.000 Euro. Bei Ende der Laufzeit der Anleihe löste der Emittent die Anleihe durch Lieferung von 11.080 Aktien ein.
Der Kläger wirft der Beklagten im Berufungsverfahren vor, diese habe grob fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich gehandelt. Die Beklagte habe die streitgegenständliche Anleihe als eine solche mit einem Rückzahlungskurs von 100 Prozent dargestellt. Tatsächlich habe aber kein Rückzahlungskurs von 100 Prozent bestanden. Sie werbe für den „informer“. Gleichwohl überprüfe sie die dort niedergelegten Informationen nicht. Aufgrund der Werbung könne sie ihre Haftung nur durch direkte Warnhinweise ausschließen.
Berufungsgericht: Klage keine Aussicht auf Erfolg
Das Berufungsgericht sprach dem Kläger gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung zu. Der sog. “informer” auf der Homepage einer Online-Bank ist kein Prospekt, weil er nicht den Eindruck vermittelt, die Anlage umfassend zu beschreiben.
Darüber hinaus steht dem Kläger gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Pflichten aus einem im Rahmen eines Anlagevermittlungsverhältnisses geschlossenen Auskunftsvertrages zu. Zwischen den Parteien ist kein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Über den “informer” kommt kein Auskunftsvertrag mit der Online-Bank zustande, wenn in den Nutzungsbedingungen deutlich gemacht wird, für die Richtigkeit der Informationen keine Gewähr zu übernehmen.
Eine Warnpflicht als Nebenpflicht besteht im Einzelfall nur dann, wenn der Discount-Broker erkennt, dass die Aufträge des Kunden von dessen zuvor erklärten Zielvorstellungen deutlich abweichen, wenn für ihn klar erkennbar ist, dass Tragweite und Risiko des Auftrags falsch eingeschätzt werden oder wenn der Discount-Broker eine tatsächlich bestehende Aufklärungsbedürftigkeit des Kunden erkennt oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hat.
Ein derartiges Fehlverhalten der Beklagten ist laut Berufungsgericht nicht zu erkennen. Denn die Vielzahl von über 1 Mio. Informationen zu verschiedenen Anlagen lässt sich von vornherein und von jedermann nicht sicher überblicken.