Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89 b Abs. 2 HGB
Beenden ein Handelsvertreter und ein Unternehmen ihren Handelsvertretervertrag, steht dem Vertreter gemäß §89 b Abs.2 HGH unter bestimmten Voraussetzungen ein Ausgleichsanspruch zu, da er die Möglichkeit mit den von ihm gewonnenen Kunden Provisionen zu verdienen verliert. Die Kunden verbleiben bei dem Unternehmen, das auch zukünftig mit ihnen Geld verdienen kann. Anspruchinhaber ist der Handelsvertreter im Sinne des § 84 HGB, möglich auch Unterhandelsvertreter und arbeitnehmerähnliche Handelsvertreter im Sinne des § 92, ebenso Vertragshändler, Reisebüros, Tankstellenpächter und Inhaber von Lotto-Annahmestellen.
Ein Ausgleichsanspruch entsteht, wenn der beendete Handelsvertretervertrag vom Unternehmer gekündigt worden ist, anderenfalls nur dann, wenn der Unternehmer die Kündigung des Handelsvertreters durch sein Verhalten quasi erzwungen hat.
Weiterhin muss der Handelsvertreter tatsächlich Neukunden für das Unternehmen erworben haben, die auch nach Vertragsbeendigung bei dem Unternehmer bestellen.
Berechnung des Ausgleichsanspruchs:
Die exakte Berechnung des Ausgleichsanspruches ist nicht im HGB normiert, §89b Abs.2 HGB bestimmt lediglich die Höchstgrenze von einer Jahresprovision, berechnet aus dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre.
Die Grundlage der Berechnung bilden die dem Handelsvertreter in den letzten 12 Monaten vor Vertragsbeendigung zugeflossenen Provisionen aus Geschäften mit von ihm geworbenen Neukunden. Dieser Betrag liefert die Prognose für die Berechnung zukünftiger Vorteile des Unternehmers mit den geworbenen Neukunden des Vertreters. Für die Prognosedauer fehlt ebenfalls eine gesetzliche Normierung. Von den Gerichten werden regelmäßig 2 bis 3 Jahre, teilweise sogar 5 Jahre zu Grunde gelegt, jedenfalls ist aber aufgrund der individuellen Umstände im Einzelfall zu entscheiden. Zusätzlich verlangt das Gesetz eine sog. Billigkeitsprüfung, die z.B. Abwanderungsquoten in die Berechnung einbezieht. Anhand der Berechnung erhält man den sog. Rohausgleich, der die gesetzliche Höchstgrenze über- oder unterschreiten kann. Bei höherem Rohausgleich, steht dem Handelsvertreter lediglich der Höchstbetrag zu, liegt er unter der Höchstgrenze, kann er den gesamten Rohausgleich beanspruchen.
Frist zur Geltendmachung des Ausgleichsanspruches:
Nach Beendigung des Handelsvertretervertrages muss der Ausgleichsanspruch innerhalb eines Jahres vom Handelsvertreter beim Unternehmen angemeldet werden.
Beweiserleichterung für den Handelsvertreter durch den EuGH:
Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass Provisionsverluste von Handelsvertretern entsprechend der zwingenden Bestimmung des Artikels 17 Abs.2 lit. a der Handelsvertreterrichtlinie (RiLi 86/653/EWG) lediglich ein anspruchsmindernder Gesichtspunkt im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsabwägung sind. Der generelle Provisionsverlust wird berücksichtigt, es muss allerdings nicht nachgewiesen werden, wie groß der Verlust im Einzelnen ist.
Im Prozess trifft diejenige Partei die Darlegungs- und Beweislast, welche sich auf diesen Umstand als anspruchsbegrenzende oder anspruchserhöhende Tatsache beruft. Damit entscheidet der EuGH entgegen dem Grundsatz nationaler Rechtsprechung, der Provisionsverluste als eigene Anspruchsvoraussetzung behandelt und die Beweislast für Provisionsverluste dem Vertreter zuordnet. Die EU-Richtlinie verlagert die Beweislast dagegen auch auf den Unternehmer, wenn dieser eine Ausgleichsminderung anstrebt. Für den Handelsvertreter stellt diese Änderung eine Verbesserung in Form der Beweiserleichterung dar.
Etwaige Widersprüche zum nationalen Recht sind im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu beseitigen.
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