Die Covid-19 Infektionswelle hat momentan das Weltgeschehen im Griff. Auch Wirtschaft und Verbraucher werden von den Auswirkungen des Virus empfindlich getroffen. Nun droht vielen Unternehmern die Betriebsschließung.

Deswegen stellen sich akute versicherungsrechtliche und allgemeine vertragsrechtliche Fragen.
Gibt es Versicherungsschutz (wegen einer Betriebsschließung) gegen Corona?
Grundsätzlich können sich Unternehmen gegen Betriebsunterbrechungen und Betriebsschließungen durch Abschluss einer Betriebsschließung – bzw. Betriebsunterbrechungsversicherung absichern. Diese Versicherungsprodukte schließen regelmäßig auch die schadensbedingten Rückwirkungsschäden (Schäden bei Zulieferbetrieben und Abnehmern) mit ein. Problematisch ist jedoch, ob bei einer epidemiebedingten Betriebsschließung oder Unterbrechung eine solche Versicherung eintrittspflichtig ist. Eine solche “reine” Pandemie-Betriebsunterbrechungsversicherung gibt es bislang nicht am Markt.
1. Bestehender Versicherungsschutz
Grundlage jedes Anspruchs aus einer Versicherung ist ein vor Eintritt des Schadenfalles bestehender Versicherungsschutz gegen die sich realisierte Gefahr.
Das bedeutet, wenn bislang kein Betriebsschließung- oder Betriebsunterbrechungs-versicherungsschutz wirksam bestand, kann dieser auch nicht nachträglich erlangt werden.
2. Versicherungsbedingungen entscheidend
Inwiefern dann tatsächlich eine Absicherung gegen Seuchengefahr besteht, bestimmt sich nach den dem jeweiligen Versicherungsbedingungen.
Versicherungen VOR 2002
Bei älteren Betriebsschließungsversicherungen oder Ausfallversicherungen bestehen Aussichten, dass die dadurch verursachten Ausfälle versichert sein können. Diese Versicherungen beinhalten in der Regel noch keinen Risikoausschluss im Hinblick auf Epidemien und Pandemien.
Erst seit SARS (2002) wurde von den Versicherungen verschärft ein entsprechender Risikoausschluss aufgenommen.
Beachten Sie: Wenn sich die Versicherung auf den Risikoausschluss wegen der nunmehr ausgerufenen Pandemie beruft, ist die Versicherung selbst dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass SARS-CoV-2/COVID-19 (Coronavirus) als Pandemie zu qualifizieren ist.
Auch die Einschätzung der Versicherungen, dass die Betriebsunterbrechungsversicherung mangels Sachschaden nicht greife, ist nicht ohne weiteres richtig.
Es kann jedoch im Regelfall davon ausgegangen werden, dass eine Absicherung in den Vertragsbestimmungen gegen eine “seuchenbedingte Betriebsunterbrechung” nicht enthalten ist.
Kein Schutz bei der klassischen Versicherung
Dies liegt daran, dass die „klassische“ Betriebsunterbrechungsversicherung nicht auf die Gefahren Seuche oder Krankheit abstellt, sondern auf Vorfälle wie Brand, Blitzschlag oder Explosion. Außerdem muss es durch die Realisierung einer solchen Gefahr häufig zu einem Sachschaden kommen (z. B. Brand der Produktionshalle), wodurch es dann zu der Betriebsunterbrechung kommt. An diesem fehlt es oft, da die Produktionsmittel betroffener Betriebe nicht beschädigt oder zerstört sind.
Anders bei modernen Versicherungsprodukte
Mittlerweile sind auch auch moderne Versicherungsprodukte, die hinsichtlich einer Betriebsunterbrechung nicht ausschließlich Sachschaden verlangen, am Markt verfügbar (wie All-Risk-Betriebsunterbrechungsversicherung). Ob Versicherungsschutz besteht, bestimmt sich hier nach den entsprechenden Klauseln. Ist diesen zu entnehmen, dass das Risiko von Seuchen mit abgesichert ist, kann Versicherungsschutz bestehen. Es kommt hierbei auf die Formulierung in dem jeweiligen Bedingungswerk an und wie diese von dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer einer Betriebsunterbrechungsversicherung verstanden wird.
Da der Versicherungsschutz stark vom Einzelfall abhängig ist, raten wir Ihnen zu einer kostenlosen anwaltlichen Beratung unserer Fachanwälte.
Schadensersatz von Versicherungmakler wegen Falschberatung
Auch wenn kein Versicherungsschutz besteht, können Sie möglicherweise bei unzureichender Beratung über möglichen weiteren Versicherungsschutz einen Schadensersatzanspruch geltend machen.
Betriebsschließung: Versicherungen greifen wegen Infektionsschutzgesetz
Betriebsschließungsversicherungen sichern den jeweiligen Betrieb gegen Auswirkungen auf Grund einer nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen meldepflichtigen Krankheit (Infektionsschutzgesetz früher Bundesseuchengesetz) ab.
Seit 30.01.2020 ist Covid-19 Infektionskrankheit im Sinne des Gesetzes. Erst ab diesem Zeitpunkt greift der Versicherungsschutz in der Coronakrise ein.
Die notwendige Auswirkung auf den Betrieb laut Versicherungsbedingungen ist die “Betriebsschließung”. Wenn für alle Betriebsangehörigen Tätigkeits- und Beschäftigungsverboten erlassen werden, steht dies einer Schließung gleich.
Auch wenn Personen in dem Betrieb beschäftigt werden, die Krankheits- oder Ansteckungsverdacht unterliegen besteht in der Regel Versicherungsschutz. Entschädigung wird regelmäßig auch für die Zeit einer Schließung während einer Entseuchung geleistet.
Bei Tätigkeits- und Beschäftigungsverboten für Mitarbeiter sind regelmäßig Bruttolohn- und Gehaltsaufwendungen abgesichert. Auch können Desinfektionskosten, sowie Maßnahmen an Warenbeständen und Vorräten abgesichert sein.
Auch hier kommt es auf den Wortlaut der der Versicherungsbedingungen an und das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers einer solchen Versicherung an. Dabei ist an das Infektionsschutzgesetz selbst anzuknüpfen.
Ebenso ist anhand der konkreten allgemeinen Versicherungsbedingungen zu prüfen, ob ein Coronavirus bedingter Forderungsausfall über die KREDITAUSFALLVERSICHERUNG versichert ist. Auch in dieser Hinsicht sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen im vorbenannten Sinne zu prüfen.
Das Angebot der Allianz wegen Betriebsschließung
In den letzten Tagen ist die Angebotsfrist der Allianz Lebensversicherungs-AG für viele Versicherungsnehmer abgelaufen.
Die in München ansässige Versicherungsgesellschaft hatte in vielen Fällen ihre Einstandspflicht aufgrund einer Betriebsschließung abgelehnt. Es wurde jedoch eine “gesamtwirtschaftliche Verantwortung” von 15% der normalerweise erwarteten Versicherungsleistung angeboten.
Die Argumentation der Versicherungsgesellschaft ist nicht rechtlich tragfähig, bestätigte ein Richter am OLG München in einem Gutachten von Ende April.
Aus rechtlicher Sicht ist das Angebot der Allianz für viele Unternehmen nicht akzeptabel. Es besteht daher die Möglichkeit, die vertraglichen Ansprüche im Wege einer Einzelklage durchzusetzen. Es ist dann mit einer Vergleichsquote von mehr als 15 % zu rechnen.
3. Eintritt des Versicherungsfalls (Betriebsschließung)
Ist Corona Teil des Versicherungsschutzes, wird gezahlt, wenn die zuständige Behörde den versicherten Betrieb auf Grundlage des Infektionsschutzgesetz (IfSG) schließt. Sollte entsprechender Versicherungsschutz bestehen, gilt folgendes:
Falls Sie von einer Covid-19 bedingten Betriebsschließung oder Unterbrechung betroffen sind, ist, wie bei jedem anderen Eintritt eines Versicherungsfalls, darauf zu achten, dass die für den Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarten Obliegenheiten erfüllt werden.
Außerdem sollte eine umfassende und umfangreiche Dokumentation des Versicherungsfalls erfolgen.
Fragen und Antworten: Betriebsschließung
1. Welche Obliegenheiten müssen Sie beim Eintritt des Versicherungsfalls beachten müssen ?
- Unverzügliche Information des Versicherers über den Eintritt des Versicherungsfalls.
- Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden.
- Unverzügliche Information des Versicherers über Weisungen der Behörde.
- Abstimmung mit dem Versicherer wegen des weiteren Vorgehens.
- Schadensabwendung und Schadensminderung.
- Untersuchungen des Betriebs durch den Versicherer zu ermöglichen.
Beachten Sie: Jedes Versicherungsunternehmen verwendet eigene Bedingungen. Ohne die Einhaltung der Obligenheiten gefährden Sie ihren Versicherungsschutz!
2. Welche Kosten sind über eine Betriebsschließungsversicherung versichert?
Es besteht Versicherungsschutz für Umsatzausfälle und Mehrkosten bei:
- Tätigkeitsverboten gegen Betriebsangehörige (werden einer Betriebsschließung gleichgestellt)
- Ermittlungsmaßnahmen gemäß § 25 IfSG
- Beobachtungsmaßnahmen gemäß § 29 IfSG , weil jemand krank, krankheits-, ansteckungsverdächtig ist.
3. Gilt der Corona Virus als höhere Gewalt für eine Betriebsschließung ?
Als höhere Gewalt kann eine behördliche Anordnung des Gesundheitsamtes angesehen werden, sowie der Corona Virus selbst.
Wenn die Absage von Veranstaltungen oder Events einer behördlichen Anordnung folgt, versteht man dies als „höhere Gewalt“. Sofern „höhere Gewalt“ in dem vorliegenden Vertrag versichert ist, liegt grundsätzlich ein Versicherungsfall vor.
Ein weiterer Fall höherer Gewalt können Epidemien selbst darstellen. Dies sehen in Form der sog. Force-Majeure-Klausel (Höhere Gewalt Klausel) z.B. viele Lieferverträge vor. Ist eine solche Klausel im Vertrag vereinbart, wird die vom Coronavirus betroffene Partei regelmäßig von ihrer vertraglichen Leistungspflicht ganz oder teilweise frei, wenn die Leistung tatsächlich unmöglich geworden ist. Schadensersatz kann in diesem Fall von der anderen Partei nicht verlangt werden.
Die Verträge und ihre Bedingungen müssen im Detail analysiert werden.
Unter versicherungsrechtlichen Aspekten gilt es dabei zu untersuchen, ob der Einschluss sogenannter Rückwirkungsschäden den Versicherungsschutz auf Betriebsunterbrechungen wegen Ereignissen im Sinne der Risikobeschreibung bei Zuliefern oder Abnehmern umfasst.
Des Weiteren können betroffenen Unternehmen, deren Geschäft von Schlüsselpersonen (Key-man) oder auch von bestimmten Veranstaltungen abhängt, einen Ausfall in besonderen Ausfallversicherungen beziehungsweise DREAD DISEASE Versicherung versichert haben lassen.
Sollte dies trotz einschlägiger Merkmale des konkreten Betriebs nicht der Fall sein, ist auch hier zu prüfen, ob eine Fehlberatung durch den Versicherungsvermittler vorliegt.
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Justus rät:
Sollten Sie von einer Betriebsschließung betroffen sein, lassen Sie sich unbedingt von unseren Fachanwälten beraten.
Wenn ihr Versicherer die Übernahme der Entschädigungsleistung ablehnt, sollten Sie dies unbedingt fachanwaltlich überprüfen lassen. Es ist aufgrund der derzeitigen Lage anzunehmen, dass die Leistungsbereitschaft der Versicherungsunternehmen stark herabgesetzt ist.
Bei einer Fehlberatung durch den Versicherer und die Versicherungsmakler könnten Sie außerdem Schadensersatzansprüche gegen diese haben.
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Für die kostenfreie Erstberatung schreiben Sie uns einfach über das Kontaktformular und laden gleich ihren Vertrag und wesentliche Unterlagen hoch. Gern können Sie uns auch eine Email senden oder anrufen.