Bundesverfassungsgericht: Hoffnung für Lehman-Anleger
Die beiden Lehman-Anleger, die am 27. September 2011 vor dem Bundesgerichtshof mit ihren Schadensersatzklagen gescheitert waren (Az XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10), sind im Dezember 2011 vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Es besteht demnach noch Hoffnung, dass die Geschädigten mit ihren Forderungen gegen die Hamburger Sparkasse (HASPA) durchdringen. Die HASPA hatte den beiden Anlegern Zertifikate der Pleite-Bank Lehman Brothers vermittelt.
Erstes Lehman-Urteil des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte im September 2011, dass die Anleger nicht fehlerhaft von den Mitarbeitern der HASPA beraten worden seien. Damit habe die Sparkasse ihre Beratungspflichten nicht verletzt und sei nicht zur Rückzahlung des durch den Zertifikatskauf weitgehend verlorenen Geldes verpflichtet.
In Bezug auf das Emittentenrisiko hielt der Bundesgerichtshof an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach über die grundsätzliche Gefahr des Totalverlustes bei einer Inhaberschuldverschreibung (abstraktes Emittentenrisiko) aufzuklären sei.
Jedoch hatte der BGH im konkreten Fall festgestellt, dass der Anleger beim Kauf der streitgegenständlichen Lehman-Zertifikate nicht über das abstrakte Emittentenrisiko hätte aufgeklärt werden müssen, weil er darüber bereits bei einem früheren Kauf ähnlich strukturierter Papiere aufgeklärt worden sei und somit für alle Zukunft Kenntnis gehabt hätte.
Ferner hielt der BGH die Lehman-Pleite im Zeitraum des Verkaufs der Zertifikate zwischen Dezember 2006 und September 2007 nicht für vorhersehbar, weshalb die beratende Bank nicht zusätzlich auch über ein konkretes Insolvenzrisiko der Lehman Brothers Bank (konkretes Emittentenrisiko) hätte aufklären müssen.
Zu Gunsten der Anleger hatte der Bundesgerichtshof festgestellt, dass diese auch über die Funktionsweise des jeweiligen Produkts aufgeklärt werden müssten, was er in den entschiedenen Fällen für gegeben erachtete.
Über die Gewinnmarge hätte die Bank jedoch nicht aufklären müssen, da es sich bei dem Verkauf des streitgegenständlichen Produktes um ein Eigengeschäft (Festpreisgeschäft) der Bank gehandelt haben soll, so die Bundesrichter. Auch darüber, dass die verkauften Zertifikate nicht durch den Einlagensicherungsfonds geschützt waren, hätte nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht aufklärt werden müssen.
Hoffnung für ähnlich gelagerte Fälle
Mit den nun eingereichten Verfassungsbeschwerden besteht auch für ähnlich gelagerte Fälle wieder Hoffnung. Denn, sollte das Bundesverfassungsgericht bezüglich einzelner tragender Begründungen im Urteil des Bundesgerichtshofs zu der Ansicht kommen, dass diese Begründungen willkürlich sind, würden die Verfassungsrichter das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. September 2011 schon aus diesem Grund aufheben. An die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes wären alle anderen Gerichte gebunden.
Autor: Robert Züblin, Rechtsreferendar