BGH: Kein Abzug von Steuervorteilen bei sog. Steuersparmodellen, Beteiligung an geschlossenen Medien-, Film, Schiffs- u. Immobilienfonds, etc.

BGH stärkt Position geschädigter Anleger bei sog. Steuersparmodellen (Beteiligung an geschlossenen Medien-, Film, Schiffs- u. Immobilienfonds, etc.); grundsätzlich keine Berücksichtigung bezogener Steuervorteile bei der Schadensbemessung im Rahmen der Rückabwicklung (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010, Az. III ZR 336/08)

Ausgangspunkt: Risiko der Berücksichtung von Steuervorteilen zu Lasten der Anleger

Geschädigte Anleger, die aufgrund von Prospektfehlern oder aufgrund sonstiger fehlerhafter Anlageberatung die Rückabwicklung ihrer Beteiligungen an Steuersparmodellen betreiben wollen, sahen sich bisher dem Risiko ausgesetzt, dass die für Schadensersatzklagen zuständigen Zivilgerichte vom Anleger bezogene Einkommensteuervorteile anspruchsmindernd berücksichtigen könnten.

Bei häufig erheblichen Steuervorteilen verblieb dann oft nur eine geringe Quote der geleisteten Einlage als ersatzfähiger Schaden, so dass die Klagen trotz Falschberatung nicht selten überwiegend abgewiesen wurden. Zugleich sah sich der Anleger dem Risiko ausgesetzt, dass die von ihm bezogenen Schadensersatzleistungen als nachträgliche Betriebseinnahmen gem. § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) oder bei Zug-um-Zug- Übertragung der Beteiligung an den Anspruchsgegner als Betriebsveräußerung gem. § 16 EStG der Besteuerung unterworfen werden.

BGH: Steuervorteile müssen bei der Rückabwicklung nicht berücksichtigt werden

Die Gefahr einer Anrechnung der bezogenen Steuervorteile kann vor dem Hintergrund des neuen BGH-Urteils nunmehr auch bei sog. Steuerspar- bzw. Steuerstundungsmodellen vernachlässigt werden. Der dritte Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom 15. Juli 2010 – III ZR 336/08 – seine Rechtsprechung präzisiert, derzufolge nur "außerordentliche Steuervorteile" den zu ersetzenden Schaden mindern.

Der Entscheidung lag der Fall einer Beteiligung an einem Medienfonds zugrunde, bei dem steuerliche Verlustzuweisungen aus Sicht des Anlegers unstreitig eine bedeutende Rolle spielten. Das OLG München hatte als Vorinstanz vom Schadensersatzbetrag die steuerlichen Vorteile noch vollständig in Abzug gebracht, da es der Anleger mit seiner Beteiligung gerade auf die Erzielung steuerlicher Vorteile abgesehen habe. Er dürfe nicht besser stehen, als er ohne die Beteiligung stehen würde.

Vor dem BGH hatte diese Entscheidung jedoch keinen Bestand. Die steuerlichen Vorteile aufgrund der Verlustzuweisungen des Fonds werden lt. BGH durch die künftig durchzuführende Versteuerung durchgesetzter Schadensersatzansprüche – zumindest annähernd – aufgehoben und sind daher grundsätzlich im Schadensersatzprozess nicht zu berücksichtigen.

Nur wenn angenommen werden müsse, dass auch nach Berücksichtigung einer künftigen Versteuerung der Schadensersatzzahlung dem Anleger noch wesentliche Vorteile verbleiben, komme eine anspruchsmindernde Berücksichtigung der Differenz zwischen Steuervorteilen und Steuerbelastungen in Betracht.

Der BGH betont u.a., dass es dem geschädigten Anleger nicht zugemutet werden könne, seine persönlichen Besteuerungsgrundlagen offenzulegen, bspw. etwa bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten. Das Steuergeheimnis sei zu berücksichtigen, so der BGH ausdrücklich.

Fazit der Kanzlei Justus Rechtsanwälte & Steuerberater:
Diese Entscheidung ist aus Anlegersicht sehr zu begrüßen. Die aus der Rückabwicklung resultierenden steuerlichen Risiken werden nicht mehr einseitig dem geschädigten Anleger aufgebürdet.

Für die schriftliche Erstberatung, welche auch die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung umfasst, drucken Sie bitte einfach das Auftragsformular für geschädigte Kapitalanleger aus und senden es ausgefüllt, zusammen mit den Zeichnungsscheinen und den wesentlichen Unterlagen zu. Für die Erstberatung entsteht Ihnen eine Gebühr in Höhe von 95,20 €. Gern können Sie sich auch unverbindlich per Email oder Telefon an uns wenden.

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JUSTUS Rechtsanwälte & Steuerberater
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Tel.: 030 / 440 449 66
Fax: 030 / 440 449 56
E-mail: Justus@kanzleimitte.de

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Medienfonds und Filmfonds

Mit Hilfe von Medienfonds sollen Film- und Fernsehproduktionen bei der Finanzierung unterstützt werden. Bekannt sind vor allem KGAL oder Hannover Leasing. Was grundsätzlich wie eine rentable und auch allgemeinnützige Anlageform aussieht, stellte sich jedoch in der Praxis oft als Risikogeschäft für den Anleger heraus, auch wenn einige der finanzierten Filme sich zu Kassenschlagern entwickelten.

Das Wesen der Medienfonds

In der Sache werden die Medienfonds als geschlossene Fonds vermarktet, der potentielle Anleger kann eine Beteiligung also nur während eines bestimmten Zeitraums zeichnen. Als Anreiz für die Beteiligung wird er dann am Einspielergebnis beteiligt. Die Medienfonds werden meist in der Rechtsform der GmbH & Co KG betrieben; dies führt dazu, dass im Falle der Insolvenz des Fonds eine Haftung für Einlageverluste schwierig zu realisieren ist, da die Gesellschafter der GmbH als diejenigen, die maßgeblich das Geschäft des Fonds gesteuert haben, persönlich nicht haften müssen.

Medienfonds als angebliches Steuersparmodell

Grund für eine Beteiligung an Medienfonds war in der Vergangenheit auch häufig eine steuerliche Besonderheit in Deutschland: es konnten im ersten Jahr der Beteiligung bis zu 100 % der Einlage steuerlich berücksichtigt werden. Diese Möglichkeit wurde 2005 durch eine Gesetzesnovelle beseitigt. Bereits seit 2001 wurde die steuerliche Vergünstigung nach dem so genannten Medienerlass des Bundesfinanzministeriums nur gewährt, wenn die Gesellschafter des Fonds als „Filmhersteller“ gelten konnten, sie auf die Produktion des Films also maßgeblichen Einfluss ausübten. Dies war insbesondere dann problematisch, wenn nur einmal jährlich eine Anlegerversammlung stattfand, bei der eine allgemeine Information über die Filmprojekte gegeben wurde. Auch die Vertretung durch einen Beirat zu diesem Zweck konnte die Steuervergünstigung nur dann herbeiführen, wenn sich darin Fachkundige aus der Film- und Fernsehbranche befanden.

Risiken bei Medienfonds

Allerdings war auch die Beteiligung an den Medienfonds an sich für viele Anleger risikoreich: schließlich handelt es sich um einen Geschäftsbereich, in dem der normale Anleger kaum Erfahrung besitzt, er die Qualität und den Erfolg der produzierten Filme also kaum bewerten kann.
Auch ergaben sich durch die veränderten Möglichkeiten zur steuerlichen Geltendmachung vielfach Nachteile für die Anleger; diese wurden oftmals explizit mit dem Versprechen der Steuerersparnis zur Beteiligung am Fonds verleitet. Nach Änderung der Steuerpraxis folgten dann Nachforderungen durch die Finanzämter. Teilweise wurden die Kunden trotz Kenntnis des Fondsanbieters nicht über diesen Sachverhalt aufgeklärt oder Fondsprospekte falsch gestaltet, so dass es für diese möglich ist, sich von den Fonds zu lösen. Allerdings besteht diese Möglichkeit im Regelfall nur dann, wenn die Vermittler des Filmfonds die maßgeblichen Fakten auch tatsächlich kannten.

Inzwischen sind Medienfonds als Anlage aus den genannten Gründen wohl nicht mehr attraktiv.

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