BGH: unrichtige Angabe der Modalitäten zur Vertretung in der Einladung zur Hauptversammlung einer AG führt nicht zur Nichtigkeit von Beschlüssen
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2011
Az. II ZR 124/10
Aktionäre der Deutschen Bank AG sind mit einer Klage vorerst gescheitert, mit der sie die Nichtigkeit mehrerer Beschlüsse in der Hauptversammlung am 29.05.2008 geltend machen wollten. Die Klage stützte sich auf Angaben im Hinblick auf die Bedingungen für die Einberufung der Hauptversammlung. In den Einladungen seien nämlich die Voraussetzungen für die Entsendung eines Bevollmächtigten in die Hauptversammlung derart formuliert, dass ein normaler Aktionär davon ausgehen müsse, dass eine derartige Bevollmächtigung in der Hauptversammlung selbst nicht mehr möglich ist, da die Einladung diesbezüglich zumindest missverständliche Wendungen enthält; dadurch sei die Einladung geeignet, Aktionäre von der Teilnahme an der Hauptversammlung abzuhalten. Da diese Bedingung auch nach Auffassung der Vorinstanzen richtig in den Einladungen anzugeben war, wurden die in der Hauptversammlung getroffenen Beschlüsse für nichtig gehalten.
Der Bundesgerichtshof vertrat jedoch eine andere Auffassung. Nach der zum maßgeblichen Zeitpunkt gültigen Fassung der ausschlaggebenden Norm des Aktiengesetzes sind zwar die Bedingungen, von welchen die Ausübung des Stimmrechts abhängen, notwendige Bestandteile der Einberufungen. Diese Voraussetzung gilt jedoch nur für die die eigene Teilnahme und Stimmrechtsausübung des Aktionärs, nicht hingegen auf den Modus der Ausübung des Stimmrechts und der Teilnahme durch einen Vertreter. Aus diesem Grund führen unrichtige Angaben in den Einladungen im Hinblick auf eine Bevollmächtigung nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse. Somit wurde zwar durch den Bundesgerichtshof festgestellt, dass die Einladungen im Hinblick auf die Bevollmächtigung eines Vertreters inhaltlich falsch gestaltet waren; dieser Fehler schlägt aber nicht auf die Beschlüsse in der Hauptversammlung durch.
Eine Anfechtung der Beschlüsse wegen eines so genannten Einladungsmangels kam weiterhin schon aus dem Grund schon nicht in Betracht, dass die einmonatige Anfechtungsfrist überschritten war.
Indes sind in der Zwischenzeit durch den Gesetzgeber Schritte eingeleitet worden, um in Zukunft Unklarheiten zu vermeiden: bereits im Juli 2009 wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie das Aktiengesetz dahingehend geändert, dass künftig nicht zutreffende Angaben über die Teilnahmevoraussetzungen sowie die Stimmrechtsausübung und auch das Stimmabgabeverfahren nicht die Grundlage für die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses bilden können.
Für Altfälle, für die immer noch die Gesetzeslage vor dem Juli 2009 gilt, ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs gleichwohl interessant und zeigt den Willen, der Rechtssicherheit einen Vorrang vor einfachen formellen Mängeln einzuräumen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2011
Az. II ZR 124/10