USA: Bußgelder gegen schweizer Großbank UBS wegen Verkauf „kapitalgeschützter“ Lehmann-Produkte an US-Privatkunden verhängt
Die schweizer Großbank UBS muss wegen ungenügender Aufklärung von US-Privatkunden über Risiken von strukturierten Produkten der Investmentbank Lehman Brothers fast elf Millionen Dollar zahlen. Nach Angaben des Handelsregulators Financial Industry Regulatory Authority (FINRA) akzeptierte die Bank eine Bußgeldzahlung von 2,5 Millionen Dollar sowie eine Entschädigung ihrer Kunden in Höhe von insgesamt 8,25 Millionen Dollar. Presseberichten zufolge verkaufte die UBS zwischen März und Juni 2008 sogenannte kapitalgeschützte Notes im Wert von 16,2 Millionen Dollar an 764 Privatkunden und nahm damit Gebühren und Kommissionen von 228.630 Dollar ein. Diese Kunden wollten allerdings nur kleine oder moderate Risiken eingehen.
Im September 2008 meldete Lehman Brothers Gläubigerschutz aufgrund Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung an. Der größte Insolvenzfall in der Geschichte der USA machte die strukturierten Produkte praktisch wertlos. Die US-Kunden der UBS erlitten trotz vermeintlicher „Kapitalgarantie“ – wie tausende deutsche Kleinanleger – einen Totalverlust.
Der FINRA zufolge versäumte es die UBS pflichtwidrig, das Kreditrisiko der Emittentin Lehman Brothers hervorzuheben. Zudem habe die Bank ihre Berater nicht zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Ausweitung der Handelsspannen von Kreditausfallversicherungen die finanzielle Stärke von Lehman Brothers beeinträchtigen könnte. Die UBS Broker “verstanden nicht einmal selbst die komplexen Produkte, die sie ihren Kunden verkauften”, erklärte der FINRA-Verantwortliche Brad Bennett laut Presseberichten vom 12. April 2011. Die UBS ließ erklären, die Bank sei zufrieden mit dem Vergleich. Sie beharrt allerdings darauf, eine Mehrheit der Verkäufe von Lehman-Kapitalschutzprodukten korrekt ausgeführt zu haben.
FAZIT der Kanzlei JUSTUS:
Deutsche Instanz-Gerichte sollten die Auffassung der FINRA eingehend zur Kenntnis nehmen, anstatt das Totalverlustrisiko bei sog. Zertifikaten von Großbanken (=derivative Schuldverschreibungen) weiterhin vielfach als „unerheblich“, „rein theoretisch“ und „absolut fernliegend“ zu bewerten. Mittels des zu Marketingzwecken gewählten Kunstbegriffs „Zertifikat“ wurde das Kreditrisiko nach Auffassung der Kanzlei JUSTUS gezielt verschleiert, so dass es schon sehr erstaunt, dass die Instanzgerichte den beratenden Banken weitgehend unkritisch gegenüberstehen und Anlegern effektiven Rechtsschutz verweigern.
Insofern ist es zu begrüßen, dass sich zumindest eine Tendenz in der Rechtsprechung der Obergerichte abzeichnet, derzufolge zumindest nach dem Kollaps der Investmentbank Bear Stearns und deren Notverkauf im März 2008 auf das Totalverlustrisiko bei Lehman Zertifikaten deutlich hinzuweisen gewesen sei. Ein Hinweis im Kleingedruckten von Produktflyern oder Orderformularen reichte danach nicht mehr aus.
Geschädigte Anleger, die in erster Linie geltend machen wollen, nicht auf das Kreditrisiko bzw. das Totalverlustrisiko hingewiesen worden zu sein, können demnach von erheblichen Erfolgsaussichten von Schadensersatzklagen ausgehen, wenn entweder die Beratung nach dem 17. März 2008 statt fand, oder nach diesem Zeitpunkt Halteempfehlungen bzgl. bereits im Depot befindlicher Lehman-Zertifikate ausgesprochen wurden, ohne auf die Ausfallgefahren bei einer Insolvenz der Bank hinzuweisen.
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Rechtsanwalt Knud J. Steffan
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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