Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungen trotz erneuter Belehrung oder Nachbelehrung?

Die in Lebens- und Rentenversicherungen zwischen 1994 und 2007 enthaltenen Belehrungen über Widerspruchs- oder Rücktrittsrechte sind oft ungenügend. Dies haben einige Versicherer selbst erkannt.
Nürnberger Lebensversicherung verschickt neue Widerrufsbelehrungen
Insbesondere die Nürnberger Lebensversicherung AG hat deshalb im Jahre 2015 neue Widerspruchsbelehrung an ihre Versicherungsnehmer verschickt.
Für Darlehensverträge ist entschieden worden, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, eine fehlerhafte Belehrung durch eine neue ordnungsgemäße Belehrung zu „heilen“. Jedoch ist diese Rechtsprechung zu Darlehensverträgen ergangen. Es ist daher nicht geklärt, ob eine solche „Nachbelehrung“ auch bei Versicherungsverträgen überhaupt möglich ist. Im Versicherungsrecht war, im Gegensatz zum allgemeinen Verbraucherschutzrecht, keine Möglichkeit der Nachbelehrung geregelt.
Ungeklärt ist auch, nach welcher Rechtslage sich beurteilt, ob die „Nachbelehrung“ selbst ordnungsgemäß ist. Es kann die Rechtslage maßgebend sein, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt oder die zum Zeitpunkt als die neue Nachbelehrung versandt wurde. Da dem Versicherungsnehmer mit der Nachbelehrung aber ein erneutes Widerspruchsrecht eingeräumt wurde, hätte sich die Belehrung nach Ansicht von Justus Rechtsanwälten an der Rechtslag im Jahre 2015 orientieren müssen.
Die neue Widerrufsbelehrung, die die Nürnberger Lebensversicherung AG 2015 an ihre Kunden versandt hat, war wenn überhaupt nur nach der Rechtlage zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ordnungsgemäß. Zwischenzeitlich erlaubt das Gesetz den Widerspruch nicht nur schriftlich, sondern auch per Textform, also bspw. per E-Mail zu erklären. Außerdem hat sich die Frist für die Erklärung von 14 Tagen auf 30 Tage verlängert. Die erneute Belehrung der Nürnberger Lebensversicherung AG berücksichtigt diese Gesetzesänderungen nicht.
Justus rät:
Trotz der Nachbelehrung sehen Justus Rechtsanwälte daher gute Ansatzpunkte zu argumentieren, dass ein Widerspruch immer noch möglich ist und eine Rückabwicklung verlangt werden kann. Wir gehen jedoch davon aus, dass der Versicherer die Rückabwicklung wegen der „Nachbelehrung“ ablehnen wird. Es ist also zu erwarten, dass man die Rückabwicklung einklagen muss. Dies Kosten für Klagen nach Ablehnung werden von den Rechtsschutzversicherungen in der Regel übernommen.