Immobilienfonds: BGH zur Verjährung eines Abfindungs- bzw. Verlustausgleichsanspruchs beim Ausscheiden eines Gesellschafters

BGH zur Verjährung eines Abfindungs- bzw. Verlustausgleichsanspruchs beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus geschlossenem Immobilienfonds: Anspruch wird uU auch ohne Abfindungsbilanz fällig – mit Auswirkungen auf den Beginn der Verjährung

Mit zwei Entscheidungen vom 19. Juli 2010 (Az. II ZR 57/09 + II ZR 58/09) hat der Bundesgerichtshof (BGH) geurteilt, dass der Anspruch eines ausscheidenden Gesellschafters auf Auszahlung des anteiligen, auf ihn entfallenden Reinvermögens der Gesellschaft unabhängig von der Erstellung einer Abfindungsbilanz fällig wird, wenn der Gesellschaftsvertrag für den Zeitpunkt der Fälligkeit eine gesonderte Regelung trifft.

Sachverhalt: In den Verfahren klagte ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegen zwei Gesellschafter, der dem Immobilienfonds im Jahr 1989 beigetreten waren. Ende 1999 erklärten die Gesellschafter die Kündigung ihrer Beteiligungen zum 31. Dezember 2000.

Die am 21. Juli 2003 erstellte endgültige Auseinandersetzungsbilanz wies per 31. Dezember 2000 ein negatives Auseinandersetzungsguthaben auf. Folge dessen ist bei einer Personengesellschaft grundsätzlich eine Ausgleichspflicht des ausgeschiedenen Gesellschafters.

Die Fondsgesellschaft machte ihre Ansprüche darauf hin gerichtlich geltend. Das zunächst zuständige Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, während im Berufungsverfahren das Landgericht sie wegen Verjährung abgewiesen hat. Das Landgericht hat für die Fälligkeit des eingeklagten Anspruchs und damit für den Beginn der Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt des Ausscheidens (31. Dezember 2000) abgestellt.

Entscheidungsgründe des BGH: Der BGH hat auf die vom Berufungsgericht jeweils zugelassene Revision die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen an das Landgericht zur abschließenden Entscheidung zurückverwiesen.

Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen die Abweisung der Klagen wegen Verjährung nach Ansicht des BGH nicht. Nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag zwischen den Parteien werde der Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens bzw. einer Ausgleichszahlung binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Gesellschafters fällig. Das Fehlen einer Abfindungsbilanz hindere den Eintritt der Fälligkeit nicht. Auch wenn der genaue Betrag des Abfindungsanspruchs des Gesellschafters bzw. des Ausgleichsanspruchs der Gesellschaft noch nicht feststeht, könne eine unbezifferte Feststellungsklage erhoben und die Verjährung gehemmt werden.

Damit war der Anspruch lt. BGH bereits vor dem 1. Januar 2002 entstanden und damit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. Voraussetzung für den Beginn der Verjährung gemäß § 195 BGB eines vor dem 1. Januar 2002 entstandenen Anspruchs sei aber die Kenntnis des Gläubigers oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen. Im Hinblick auf einen Ausgleichsanspruch der Gesellschaft gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter gehöre zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, dass das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der Schulden nicht ausreichen wird. Das Landgericht habe insoweit keine Feststellungen getroffen. Mit der Zurückverweisung hat der BGH dem Landgericht aufgegeben, Feststellungen zu treffen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Kenntnis der Gesellschaft hinsichtlich des Fehlbetrages.

Fazit: Die zitierten Entscheidungen belegen erneut, dass die Feststellung des Zeitpunkts des Verjährungsbeginns stets von den konkreten Fallumständen abhängt, die durch sorgfältige fachanwaltliche Prüfung festzustellen sind.

Für die schriftliche Erstberatung, welche auch die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung umfasst, drucken Sie bitte einfach das Auftragsformular für geschädigte Kapitalanleger aus und senden es ausgefüllt, zusammen mit den Zeichnungsscheinen und den wesentlichen Unterlagen zu. Für die Erstberatung entsteht Ihnen eine Gebühr in Höhe von 95,20 €. Gern können Sie sich auch unverbindlich per Email oder Telefon an uns wenden.

Ansprechpartner:
André Pollmann, LLM
Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
JUSTUS Rechtsanwälte & Steuerberater
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Tel.: 030 / 440 449 66
Fax: 030 / 440 449 56
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offene Immobilienfonds

Offene Immobilenfonds:


Was ist ein offener Immobilienfonds?

Ein offener Immobilienfonds ist eine Kapitalanlage, die das Geld der Anleger in Immobilien anlegt. Rechtlich wird ein Anteil am offenen Immobilienfonds als Wertpapier im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes eingestuft. Für Schadenersatzansprüche gilft daher auch die kurze Verjähurngsfrist des § 37 a WpHG, zumindest bis zur Abschaffung der Sonderverjährung im Jahr 2009. Die Gebäude eines offenen Immobilienfonds werden in einem Immobilien-Sondervermögen zusammengefasst. Daher gelten offene Immobilienfonds auch als Investmentfonds und unterfallen dem Investmentgesetz (InvG). Für Investmentfonds gilt die strenge Regelung des § 66 InvG, welcher genau festlegt, welche Vermögensgegenstände ein offener Immobilienfonds erwerben darf. Offene Immobilienfonds erfreuen sich großer Beliebtheit, weil die Anleger jederzeit auf ihr investiertes Geld zugreifen können, indem sie Fondsanteile zurückgeben. Des Weiteren ermöglichen offene Immobilienfonds Anlegern, sich auch mit verhältnismäßig geringen Anlagebeträgen am attraktiven Immobilienmarkt beteiligen zu können.

BGH-Urteile: Gute Erfolgsaussichten für Immobilienfondsanleger!

Der Bundesgerichtshof entschied (
Urteile vom 29.04.2014 – XI ZR 477/12 und XI ZR 130/13), dass Bankberater Anleger ungefragt darüber aufklären mussten, dass ein offener Immobilienfonds die Anteilsrücknahme aussetzen kann.

Aufklärungspflicht über das Risiko der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen an offenen Immobilienfonds:
Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat sich gestern in zwei Verfahren mit der Haftung einer Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds befasst.
Nach der gestern veröffentlichten Pressemitteilung des BGH wurde die Revision einer Bank gegen eine anlegerfreundliche Entscheidung des OLG Frankfurt am Main (OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 13. Februar 2012 – 9 U 131/11) zurückgewiesen (BGH XI ZR 130/13).
Die richtungsweisenden BGH-Urteile gelten nach allgemeiner Auffassung auch für Dachfonds.

Kurze Sonderverjährung bei offenen Immobilienfonds:
Anleger in offenen Immobilienfonds sollten nun ihre Schadenersatzansprüche geltend machen, denn ihre Ansprüche auf Schadensersatz aus einer Falschberatung gegenüber den Anlageberatern verjähren zum Teil gem. § 37a WpHG in 3 Jahren ab dem Erwerb der Anteile. Die inzwischen abgeschaffte Sonderregelung gilt aber nicht bei vorsätzlicher Falschberatung, wovon hier ausgegangen werden kann.
Eine längere absolute, kenntnisunabhängige Verjährungsfrist von 10 Jahren gilt taggenau ab Zeichnung des Fonds.
Eine Verjährung kann somit jederzeit eintreten, sodass dringender Handlungsbedarf besteht.

Gute Erfolgsaussichten für Immobilienfonds- Anleger:
Die Erfolgsaussichten für die Durchsetzung von Schandenersatzansprüchen gegen die beratende Bank oder den Finanzberater aus Vermittlung offener Immoilienfonds sind daher durchaus gut, soweit diese Ansprüche eben nicht verjährt sind.

Beispielhaft hierfür sind die offenen Immobilienfonds:

Justus rät:
Lassen sie sich jetzt von einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht beraten, um die Chancen auf Schadensersatz aus fehlerhafter Beratung prüfen zu lassen.


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Rechtsanwalt Knud J. Steffan
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