Geschlossene fonds: urteil zum „innenhaftungsrisikos“

Landgericht München: Geschlossene Fonds und der Prospektfehler des „Innenhaftungsrisikos“

Berater müssen über das „Innenhaftungsrisiko“ aufklären:
Ein Urteil des Landgerichts München vom 19.12.2014 zum Az. 3 O 7105/14 (noch nicht rechtskräftig) lässt Anleger geschlossener Fonds hoffen.
Das Landgericht München entschied, dass der das Verfahren betreffende Verkaufsprospekt eines geschlossenen Fonds auf relevante Paragrafen des GmbHG zum Innenhaftungsrisiko (§§ 30, 31 GmbHG) hätte hinweisen müssen. An einem solchen Hinweis fehlte es jedoch. Die relevanten §§ 30 und 31 GmbHG befassen sich mit dem Innenhaftungsrisiko. Danach muss ein Gesellschafter die erhaltenen Auszahlungen, ob gewinnabhängig oder gewinnunabhängig, an die Fondsgesellschaft zurückzahlen, wenn das Stammkapital der Komplementär-GmbH angegriffen oder die GmbH überschuldet ist.

Verkaufsprospekte enthalten meist keinen Hinweis auf das Innenhaftungsrisiko:
Den meisten Anlegern war und ist dieses Innenhaftungsrisiko unbekannt. Ein Großteil der Verkaufsprospekte enthält keine Hinweise auf diese Innenhaftung. Wenn überhaupt, wird der Anleger nur auf ein Außenhaftungsrisiko gemäß §§ 171, 172 IV HGB („Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung“) aufmerksam gemacht.
Die beklagte Bank wendete ein, dass über diesen Punkt der „Innenhaftung“ nicht aufgeklärt werden musste, weil es sich um kein wesentliches Risiko handele. Über Risiken allgemeiner Natur müsse nach der Ansicht der beklagten Bank nicht aufgeklärt werden. Das sah das Gericht nicht so und gab dem Anleger Recht. Das LG München begründete den Schadensersatzanspruch des Klägers damit, dass der Anleger vor der Zeichnung nicht über jenes Risiko aus den vorbenannten Paragrafen des GmbH-Gesetzes aufgeklärt wurde.

Urteil auf Immobilien-, Schiffs- und Medienfonds übertragbar:
Die Entscheidung könnte auf viele geschlossene Fonds (z.B. Schiffe, Immobilien) übertragbar sein. Denn die Konstruktion dieser Fonds in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, welche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des GmbH-Gesetzes ist, ist sehr üblich. Die Entscheidung des Landgerichts München kommt für viele Anleger wahrscheinlich zur richtigen Zeit. Denn viele Kommanditisten sehen sich neuerdings nicht nur einer Rückforderung von Ausschüttungen von Insolvenzverwaltern gemäß §§ 171, 172 IV HGB, sondern auch aus §§ 30 ff. GmbHG ausgesetzt.

Einschränkung auf Bankberater
Die Konsequenz aus der unterlassenen Aufklärung ist, dass die vollständige Rückabwicklung der Beteiligung verlangt werden kann. Das Münchener Gericht hat in seinem Urteil allerdings eine Formulierung verwendet, die darauf schließen lässt, dass diese Rechtsprechung Anlegern vorbehalten ist, die ihre Fondsbeteiligung über eine Bank erworben haben. Es bleibt abzuwarten, ob diese Einschränkung sich tatsächlich durchsetzt.

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Ansprechpartner:

Rechtsanwalt Knud J. Steffan
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
JUSTUS Rechtsanwälte
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GESCHLOSSENE IMMOBILIENFONDS61
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Geschlossene Immobilienfonds:

Beim geschlossenen Immobilienfonds investiert der Kapitalanleger in Immobilien, z.B. in Gewerbeimmobilien wie Büro- oder Einzelhandels-, Logistik-, aber auch Wohnobjekte. Er ist damit Mitinhaber mit entsprechenden Risiken, aber auch allen Chancen des Marktes. Steuerlich liegen meist Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) vor.

Die einzelnen Immobilien werden in einem Emissionsprospekt ausführlich dargestellt, was dem Anleger – im Gegensatz zum offenen Immobilienfonds – eine transparente Investitionsentscheidung ermöglicht. Bei Erreichung der geplanten Investitionshöhe wird der Platzierungszeitraum beendet, das heißt, es werden keine weiteren Gelder mehr eingeworben, und der Anlegerkreis ist damit definiert. Der Fonds wird geschlossen.

Anbieter von geschlossenen Immobilienfonds bieten ihre Produkte gerne als krisensichere Kapitalanlage mit Inflationsschutz und Wertzuwachs an. Dabei gab es in den vergangenen Jahren eine Reihe spektakulärer Pleiten. So wurde beispielsweise die Deutsche Capital Management AG (DCM), einst ein führender Emittent geschlossener Immobilienfonds, 2013 insolvent.

Unterschiede offener und geschlossener Immobilienfonds
 
  • Risikostreuung - Offene Immobilienfonds investieren in viele Immobilien. Geschlossene Fonds dagegen oft nur in ein oder zwei Objekte. Das Risiko wird bei offenen Fonds also breiter gestreut.
  • Investitionsvolumen - Bei offenen Immobilienfonds ist das Fondsvermögen meist nicht gedeckelt. Es wächst, wenn neue Anleger Anteile erwerben und dem Fonds damit Geld zufließt. Bei geschlossenen Fonds hingegen ist das Volumen beschränkt. Wenn alle Anteile verkauft sind, wird der Fonds geschlossen.
  • Anteile-Verkauf - Bei offenen Immobilienfonds können Sie Ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit wieder verkaufen. Bei geschlossenen Fonds müssen Sie die Anteile dagegen bis zum Ende der Laufzeit halten. Dann wird das Immobilienobjekt verkauft und der Erlös an alle Anleger ausgeschüttet.
  • Rechtliche Behandlung - beide Kapitalanlagen sind sowohl hinsichtlich der Rechten und Pflichten der Anleger, Aufklärungs- und Beratungspflichten, Schadenersatzansprüche und Verjährungsfristen rechtlich unterschiedlich zu behandeln.
 

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