OLG Hamm: Widerruf bei Fondsbeitritt möglich; z.B. Capital Advisor Fund
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Urteil vom 23.1.2013, Az. I-8 U 281/11) hat entschieden, dass einem Kapitalanleger bei Fondsgesellschaften unter Umständen ein Widerrufsrecht zustehen kann. Es setzt damit seine bisherige, anlegerfreundliche Rechtsprechung fort.
Unter Berufung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), der festgestellt hatte, dass das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelte Recht zum Widerruf bei Haustürgeschäften auch auf den Beitritt zu Fondsgesellschaften Anwendung finden kann, wenn der Beitrittszweck vorrangig in der Kapitalanlage und nicht darin besteht, Mitglied der Gesellschaft zu werden, urteilte das OLG, dass das Widerrufsrecht dem Kläger, der von einem Berater in seinem Wohnhaus aufgesucht worden war, auch hier zustehe. Dem widerspricht nicht, dass die Beitrittserklärung nicht im ersten Gesprächstermin unterzeichnet wird, sondern erst nach mehreren Besuchen des Beraters. Denn nach Auffassung des Gerichts wirkt die Überraschungssituation fort, die die Einräumung eines Widerrufsrechts rechtfertigt. Auch seien die Verhandlungen nicht auf Bestellung des Klägers geführt worden, was das Widerrufsrecht ausschließen würde; eine solche wäre allenfalls gegeben, wenn der Anleger den Berater zu Verhandlungen über eine bestimmte Art von Leistungen bestellt hätte, nicht aber zur Erteilung allgemeiner Informationen.
Interessant an der Entscheidung ist, dass der Kläger auch über ein Jahr nach dem Beitritt noch widerrufen konnte: zwar sehen die Regelungen im BGB grundsätzlich vor, dass ein Widerruf nur innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt einer Widerrufsbelehrung erfolgen kann. Dies gilt jedoch nur bei Erteilung einer wirksamen Belehrung. Dies war hier nach Ansicht des OLG nicht der Fall. In seiner Begründung führt das OLG aus, dass die Widerrufsbelehrung nach Auffassung der Rechtsprechung umfassend, unmissverständlich und nach dem Verständnis des Verbrauchers eindeutig sein muss. Die tatsächlichen Rechtsfolgen müssen abgebildet werden. Diesen Anforderungen genügt die Mitteilung der Beklagten nicht: es fehle an einem Hinweis darauf, dass im Falle eines Widerrufs lediglich ein Anspruch auf das sogenannte Auseinandersetzungsguthaben bestehe. Dies ist insoweit relevant, als dass der Investor bei einem Widerrufs keinen Anspruch darauf hat, die geleistete Einlage zurückzuerhalten, sondern sich die Rückabwicklung nach den Grundsätzen der sogenannten „fehlerhaften Gesellschaft“ richtet, sodass praktisch lediglich der Zeitwert der Anteile erstattet würde. Die durchzuführende Auseinandersetzung, also die Verteilung des nach Bereinigung bestehender Schulden vorhandenen Vermögens, kann nach Auffassung der Rechtsprechung beispielsweise zu einer Nachschusspflicht des Anlegers führen, soweit das Gesellschaftsvermögen hierzu nicht ausreicht. Außerdem kann auch leicht passieren, dass ein etwaiger Überschuss die Einlage unterschreitet. In Anbetracht dieser möglichen schwerwiegenden Rechtsfolgen eines Widerrufs ist auf diese in der Belehrung deutlich hinzuweisen. Dies tat die Beklagte nicht, sondern stellte in der Belehrung nur fest, dass „bereits enthaltene Leistungen zurück zu gewähren“ seien.
Capital Advisor Fund II, Multi Advisor Fund 1
Im Hinblick auf diese nunmehr gefestigte Rechtsprechung lohnt es sich möglicherweise, die eigene Beitrittserklärung, am besten mit professioneller Hilfe, einer genaueren Betrachtung zu unterziehen: es ist anzunehmen, dass eine Vielzahl der üblichen Widerrufsbelehrungen nicht den Vorgaben des Urteils entsprechen. So hat das OLG Hamm beispielsweise bereits in einer früheren Entscheidung (23.11.2010, I-27 U59/10) für Fonds des Capital Advisor Fund II entschieden, dass die dortige, inhaltlich ähnliche Widerrufsbelehrung nicht ausreicht, um die Zweiwochenfrist in Gang zu setzen. Daneben soll Medienberichten zufolge auch etwa der Multi Advisor Fund I betroffen sein.
Ferner im Einzelfall Lebensversicherungsfonds wie Atlanticlux, Clerical Medical, etc.
Für die schriftliche Erstberatung, welche auch die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung umfasst, drucken Sie bitte einfach das Auftragsformular für geschädigte Kapitalanleger aus und senden es ausgefüllt, zusammen mit den Zeichnungsscheinen und den wesentlichen Unterlagen zu. Für die Erstberatung entsteht Ihnen eine Gebühr in Höhe von 80,- € inkl. MwSt. Gern können Sie sich auch unverbindlich per Email oder Telefon an uns wenden.
Ansprechpartner:
Rechtsanwalt Knud J. Steffan
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
JUSTUS Rechtsanwälte
Eberswalder Straße 26
10437 Berlin