Handelsvertreter und Wettbewerbsverbote

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind meist unwirksam:

OLG Naumburg bestätigt die Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB der nachvertraglichen Wettbewerbsabrede im Aufhebungsauftrag der DVAG.
OLG Naumburg 17.02.2005, 4 U 171/04

Der Beklagte war für die DVAG als Vermögensberater tätig. Er beendete das Vertragsverhältnis mit der DVAG durch einen Aufhebungsvertrag. In diesem Aufhebungsvertrag vereinbarte die DVAG folgende nachvertragliche Wettbewerbsabrede:

„Herr W. verpflichtet sich,

a) weder persönlich noch durch Einschaltung Dritten, Mitarbeiter der DVAG abzuwerben oder sie zu einer Konkurrenztätigkeit zu bewegen oder dies zu versuchen,

b) weder persönlich noch durch Einschalten von Dritten, Kunden die mit Partnergesellschaften der DVAG Verträge geschlossen haben, zur Kündigung und/oder Einschränkungen bestehender Verträge zu bewegen,

c) es zu unterlassen, mit Mitarbeitern der DVAG zusammenzuarbeiten, die noch vertraglich an die DVAG gebunden sind.“

Unter Ziffer 6. war dann vereinbart, das für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Punkt 5 niedergelegten Unterlassungspflicht unter Verzicht auf den Einwand des Fortsetzungszusammenhanges eine Vertragsstrafe in Höhe von 15.000,00 Euro an die DVAG zu zahlen sei.

Das Oberlandesgericht wies die Klage der DVAG ab und führte in seien Entscheidungsgründen aus:

Dem beklagten Handelsvertreter sei durch die unter Ziffer 5. geschlossenen Vereinbarungen ein umfassendes lebenslanges Wettbewerbsverbot auferlegt worden, das ihm kaum Spielraum für eine wettbewerbsrechtliche Betätigung lasse. Die ohne zeitliche, inhaltliche oder sachliche Begrenzung übernommene Verpflichtung des Beklagten, alles zu unterlassen, was sich ungünstig auf den Mitarbeiter- oder Kundenbestand der Klägerin oder dessen Entwicklung auswirke oder auswirken könne, schränke die Bewegungsfreiheit des Beklagten in der Vermögensbranche unangemessen ein.

Ferner hat das Landgericht mit Recht das Vertragsverhältnis der Parteien als Handelsvertretervertrag bewertet, auf Grund dessen der Beklagte als Vermögensberater für die Klägerin tätig geworden sei. Handelsvertreter seien, solange das Vertragsverhältnis bestehe, schon kraft Gesetzes (§ 86 Abs. 1 S. 2 HGB) verpflichtet, sich jeder Konkurrenztätigkeit zu enthalten und zwar auch dann, wenn der Vertretervertrag insoweit keine ausdrücklichen Bestimmungen enthält.

Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses sind Handelsvertreter frei:
Gleichzeitig sei auch klar, dass er nach Beendigung des Vertragsverhältnisses grundsätzlich keiner Wettbewerbsbeschränkung mehr unterworfen sei. Nach Vertragsende sei er vielmehr frei, dem Unternehmer Wettbewerb zu machen. Er dürfe dabei nur nicht gegen die Bestimmungen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (insbesondere §§ 3 und 17 UWG) und auch nicht gegen § 90 HGB verstoßen.

Grenzen der Wettbewerbsverbote für Handelsvertreter:

Diese vertraglichen Vereinbarungen der nachvertraglichen Einschränkungen des Wettbewerbs unterlägen jedoch den allgemeinen gesetzlichen Schranken der §§ 138, 242 BGB.
Bei Anlegung dieses Maßstabes bestätigt das OLG die Entscheidung des Landgerichtes, dass das zwischen den Parteien vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot als übermäßig und daher als nichtig im Sinne des § 138 BGB anzusehen sei, da es zeitlich völlig uneingeschränkt also lebenslang gelte. Es sei zwar ein schutzwürdiges Interesse der DVAG für eine Einschränkung von Wettbewerb grundsätzlich für einen Zeitraum anzuerkennen, indem die in der Vertragszeit geschaffene geschäftliche Beziehung des Beklagten fortwirken würde. Für eine zeitlich darüber hinausgehende Wettbewerbseinschränkung sei ein schutzwürdiges Interesse der DVAG allerdings nicht zu erkennen. Das OLG bestätigt die Sittenwidrigkeit aber auch noch aus dem Gesichtspunkt der sachlichen Unbegrenztheit heraus. Da sich das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auf alle Formen von Finanzdienstleistungen erstreckt, sei dies sachlich unbegrenzt. Außerdem hätte sich der Beklagte bei der Befolgung der Abrede immer über die aktuellen Partnergesellschaften informieren müssen, da sich deren Bestand ändern könne. Da dies im Übrigen auch noch entschädigungslos hingenommen werden müsse, sei dies in der Gesamtschau betrachtet ebenfalls sittenwidrig.

Kein wettbewerbsrechtlicher Anspruch auf den Kundenkreis:

Die von der DVAG verwendeten Klauseln können auch unter wettbewerbsrechtlicher Sicht keinen Bestand haben.
aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf den Fortbestand eines einmal begründeten Vertragsverhältnis. Der Kundenkreis sei kein geschütztes Rechtsgut. Das Abwerben von Kunden gehöre zum Wesen des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an den Mitbewerber gebunden seien (vgl. BGH Urteil vom 19.11.1965, I b ZR 122/63) Das Bestimmen zu ordnungsgemäßen Vertragsauflösung unter Beachtung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen ist daher wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Wettbewerbswidrig werde ein Einbrechen in fremde Vertragsbeziehungen erst dann, wenn besondere Unlauterkeitsumstände hinzutreten würden. (vgl. BGH Urteil vom 27.02.1986, I ZR 210/83)

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Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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