Abgasskandal VW: Kaufpreis nun auch verzinsbar

Laut dem OLG Köln können VW Kunden nicht nur den Kaufpreis an sich ersetzt verlangen, sondern diesen außerdem verzinsen lassen. (Beschl. v. 29.04.2019, Az. 16 U 30/19, 1 0138/18)

OLG Köln: Verzinsung des Kaufpreises ab Kaufdatum möglich
OLG Köln: Verzinsung des Kaufpreises ab Kaufdatum möglich

Bisher keine einheitliche Rechtsprechung gegen VW möglich

Bis jetzt hat die VW AG es immer wieder geschafft eine einheitliche Rechtsprechung durch die Schließung von Vergleichen zu verhindern. So wurden die Fälle nie zu den oberen Gerichten getragen, wodurch diese ihre Rechtsauffassung, welche für die Landgerichte bindend wäre, nie äußern konnten.

Das OLG Köln reagierte nun wie der BGH mit einem veröffentlichten Hinweisbeschluss um seiner Auffassung kundtun zu können. (Beschl. v. 29.04.2019, Az. 16 U 30/19, 1 0138/18).

Gericht schließt sich anderen Beschlüssen an

Das Gericht bejaht eine besonders verwerfliche und sittenwidrige Schädigung der Kunden durch VW und spricht diesen einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB zu.

Die Abschaltvorrichtung, welche die Messung von Stickoxiden auf Prüfständen beeinflusst, sei dabei ein “gravierender Mangel”, der “bewusst herbeigeführt und sodann vor staatlichen Stellen verschleiert” worden sei, “um zum Zwecke der Gewinnerzielung in großem Umfang Fahrzeuge zu verkaufen, welche als besonders umweltfreundlich gelten und beworben werden sollten”.

Ausführungen des OLG Köln zur Kaufpreis Verzinsung

Laut dem OLG sei jedoch der Anspruch nicht erst ab Erhebung der Klage (Rechtshängigkeit) zu verzinsen, sondern gem. §§ 829, 246 BGB als sog. Deliktzins schon ab dem Kaufdatum.

Denn gem. § 849 BGB kann der Verletzte, wenn bei der Entziehung oder der Beschädigung einer Sache der Wert oder die Wertminderung zu ersetzen ist, Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird. Dem Betroffenen soll so ein Ausgleich für die Nutzungsentziehung der Sache gewährt werden.

Passt § 849 BGB auf den VW – Sachverhalt?

VW zweifelt an, dass dieser Anspruch auf den VW – Sachverhalt bezogen werden kann. Dem strengen Wortlaut nach passt diese Norm auch nicht ganz. Jedoch hat der BGH in seiner früheren Rechtssprechung den Wortlaut auch auf Sachverluste durch ein Delikt erstreckt wie beispielsweise auf Geldüberweisungen.

Nach der Rechtsauffassung der Gerichte ist § 849 BGB hier jedoch einschlägig, da VW die Käufer durch Täuschung über die Abschaltvorrichtung zur Zahlung veranlasst und ihnen so die “Kaufpreissumme entzogen” habe. Dafür müssten sie nun Zinsen zahlen.

VW hat Rechtsgutachten beauftragt

VW nimmt die Ankündigung der Gerichte ernst und hat nun den Zivilrechtsprofessor Thomas Riehm mit einem Gutachten zu dieser Fragestellung beauftragt. Laut VW können Kunden keine Zinsen verlangen, wenn sie das voll funktionsfähige Fahrzeug genutzt haben. Dies bestätigte auch der Professor in seinem Gutachten für VW. Nach seiner Rechtsauffassung gäbe es hier keinen Schaden aus einer objektiven Vermögensminderung. Außerdem habe der BGH die Vorschrift des § 849 BGB bisher nur dann auf Fälle einer Geldüberweisung analog angewandt, wenn dem Geschädigten kein Ersatz für seine Zahlung zugekommen sei. Die sei hier jedoch durch die Funktionsfähigkeit der Fahrzeuge nicht der Fall.

Verzinsung laut anderen Gerichten aber möglich

Jedoch haben auch andere Gericht schon genau so entschieden wie das OLG Köln und den Klägern eine Verzinsung vom Kaufpreis zugesprochen. Die Landgerichte Stuttgart, Essen, Bochum und Krefeld (Urt. v. 23.01.2019, Az. 2 O 85/18) nahmen den gleichen Anspruch an. Der BGH hat bisher noch keine Stellung zu den deliktsrechtlichen Ansprüchen gegen VW nehmen können. Es bleibt daher die Rechtsauffassung der Bundesgerichtshofes abzuwarten.

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Es geht dabei zum Beispiel um den Golf der sechsten Generation, den Passat der siebten Generation sowie um die erste Generation des Volkswagen Tiguan. Betroffen sind außerdem Fahrzeuge von Skoda, Seat und Audi.
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Hierauf müssem Sie sich nicht einlassen. Nach neueren Urteilen kommt auch der Rückkauf der Fahrzeuge und Schadenrsatz in Betracht.

Auch kommen inzwischen weitere Dieselautohersteller wie Mercedes in den Verdacht, die Abgas-Grenzwerte im tatsächlichen Verkehr um ein Vielfaches zu überschreiten.

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Rücktritt vom Kaufvertrag

Ist der Verkäufer schriftlich zur Nachbesserung aufgefordert aber nach angemessener Frist die manipulierten Abgassoftware nicht ausgetauscht, so kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten (§§ 434 Abs. 1 Satz 1, 437, 440, 323 BGB). Angemessen ist heir ohl eine Frist von etwa 2 Monaten zur Nachbesserung. Nach einigen Urteilen ist eine Fristsetzung zur Nachbesserung nicht nötig (z.B. Landgericht Krefeld). Es ist aber zu empfehlen, den Ablauf der Nachfrist abzuwarten.

Minderung des Kaufpreises wegen Sachmangel
Wenn die Nachbesserung nicht gelingt, kann ein Käufer neben dem Rücktritt auch den Kaufpreis mindern (§ 441 BGB). Wire hoch der Scahden und damit der Minderungsbetrag wegen der Manipulationssoftware ist, kann mangels Rechtsprechung nur geschätzt oder durch Gutachter bewertet werden.

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Lassen Sie sich daher nicht vertrösten, sondern lassen Sie rechtzeitig den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und klagen ggf. den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung ein.
Es ist durchaus naheliegend, dass bald sämtliche maipulierten Dieselautos im VW Abgasskandal die Teilnahme am Straßenverkehr untersagt wird und dies aufgrund der 5 - 10fachen Überschreitung der Eurogrenznorm auch zu Recht.

VW- Prozesstaktik durch Vergleich und Verjährung:

Die Taktik von VW zielt anscheinend auf eine Sache besonders ab: Die Verjährung von Mängelgewährleistungsrechten abzuwarten und dann ggf. geltend zu machen. Durch jeden Vergleich wird eine Entscheidung eines Gerichtes umgangen bzw. herausgezögert. Insbesondere wird nicht durch ein Oberlandesgericht zu Lasten des Konzerns entschieden.
Allerdings haben u.g. Gerichte schon verbraucherfreundlich entschieden. Die Devise der VW-Käufer muss folglich lauten seine Rechte gegen den Konzern bzw. den Vertragshändler durchzusetzen.
 
Urteile pro Autokäufer in VW Abgasskandal:

Landgericht Lüneburg vom 2. Juni 2016, Az. 4 O 3/16 (Rücknahme VW-Passat durch Autohändler).
Landgericht Krefeld hat in seinem Urteil vom 14. September 2016 – 2 O 83/16 (Rücktritt auch ohne Fristsetzung zur Nachbesserung, da nicht bloß unerhebliche Pflichtverletzung i.S.v. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB).
Landgericht München I, Urteil vom 14. April 2016, Az. 23 O 23033/15
Landgericht Krefeld, Urteile vom 14. September 2016, Az. 2 O 72/16 und 83/16
Landgericht Oldenburg, Urteil vom 1. September 2016, Az. 16 O 790/16;
Landgericht Braunschweig, Urteil vom 12. Oktober 2016, Az. 4 O 202/16
Landgericht München II, Urteil vom 15.11.2016, (Az. 12 O 1482/16 – nicht rechtskräftig)

Auch Mercedes-Benz, Opel und Renault unter Druck

Laut Pressemitteilung von Frontal21 sollen bestimmte Diesel-Modelle von Mercedes-Benz Stickoxidwerte zeigen, die deutlich über dem erlaubten US-Grenzwert liegen.
Neue Abgasmessungen an den Mercedes-Dieselmodellen R 350 und GLK 250 in den USA sollen überhöhte Stickoxidwerte bis zum 20-fachen über dem US-Grenzwert zeigen. "Unsere Messungen ergeben, dass Mercedes gegen die US-Abgasgesetze verstößt“, erklärt dazu Steve Berman von der Kanzlei Hagen Berman in Seattle gegenüber Frontal21 und der Wochenzeitung "Die Zeit". "Daimler verhält sich genauso wie Volkswagen“, so Berman weiter. "Beide wurden erwischt, und beide haben zuerst geleugnet.“ Wie VW habe auch Mercedes in den USA damit geworben, besonders saubere Dieselautos herzustellen.

Die Abgas-Nachmessungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) an Diesel-Autos haben Folgen für weitere Autohersteller. Neben den Marken des Volkswagen-Konzerns – VW, Audi und Porsche – sollen auch Mercedes, Opel und Renault gezwungen sein, Autos zurückzurufen. Insgesamt 630.000 Autos seien davon betroffen.

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