Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung?

Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung?
BAG, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 283/08

Verhaltensbedingte Kündigung
Verhaltensbedingte Kündigungen beruhen auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Arbeitnehmers, welches eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses begründet. Die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung steht unter dem Schutz des Kündigungsschutzgesetzes und ist nur zulässig, wenn die Verhältnismäßigkeit der Kündigung gewahrt worden ist. Das heißt, dass die Kündigung nur als letzte Maßnahme („ultima ratio“) ergriffen werden kann, wenn andere mildere Mittel, wie die Abmahnung vergeblich waren.

Voraussetzung einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung ist daher nicht nur ein gravierendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers und eine Interessenabwägung im Einzelfall. Vielmehr ist eine vorgehende Anmahnung notwendig, die dem Arbeitnehmer vorab zu erkennen gibt, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten missbilligt.

Sachverhalt der Entscheidung
Im dem Gericht vorliegenden Sachverhalt hat der Arbeitgeber, eine Nachrichtenagentur, dem Arbeitnehmer, einem Fotojournalisten, dreimal eine formell unwirksame Abmahnung erteilt. Nachdem der Fotojournalist anlässlich eines Eisenbahnunglücks Fotos gemacht hat, ohne seinen Presseausweis der Polizei vorzuweisen und daher von der Unfallstelle verwiesen wurde, hat der Arbeitgeber eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen. Er berief sich dabei trotz unwirksamer vorhergehender Mahnungen auf die Wirksamkeit der Kündigung, mit dem Argument, dass trotz formeller Unwirksamkeit der Mahnung dieser eine verhaltenssteuernde Wirkung zukomme.

Die Entscheidung des BAG
Der vom Fotojournalisten eingereichten Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht Hannover in erster Instanz statt. Auch die Berufung der Nachrichtenagentur wurde vom LAG zurückgewiesen. Jedoch stimmte das LAG Niedersachsen (11 Sa 372/07) der Ansicht der Beklagten hinsichtlich der Fähigkeit einer unwirksamen Mahnung, den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hinzuweisen, zu.
Selbst das BAG (2 AZR 283/08) gab der Klage statt. Allerdings aus einem anderem Grund: Dem Urteil zu Folge bezogen sich die drei vorhergehenden Abmahnungen nicht auf solche Vertragspflichtverletzungen, die mit der vergleichbar wären, auf der die Kündigung selbst beruht. Demnach sah das BAG die Voraussetzungen einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung als nicht erfüllt. Dabei nahm das BAG zu der vom LAG grundsätzlich anerkannten Wirkung einer unwirksamen Abmahnung jedoch keine Stellung.

Was ist zu tun bei einer Kündigung des Arbeitgebers?
Um sich gegen eine arbeitsrechtliche Kündigung zu wehren, muss der Arbeitnehmer binnen 3 Wochen ab Zugenag der Kündigung die Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht einlegen. Diese kurze Frist für die Kündigungsschutzklage ist unbedingt zu beachten.

Die Kanzlei JUSTUS Rechtsanwälte und Steuerberater Berlin berät und vertritt seit vielen Jahren Arbeitnehmer und Arbeitgeber in allen arbeitsrechtlichen Fragen. Soweit Sie Fragen zur fristlosen oder ausserordentlichen Kündigung oder sonstige Fragen zum Arbeitsrecht haben, wenden Sie sich bitte telefonisch oder über das Kontaktformular an uns. Die telefonische Auskunft zu Gebühren und Verfahren ist kostenfrei. Für eine schriftliche Erstberatung bzw. Ersteinschätzung in Arbeitsrechtssachen berechnen wir 30,00 € inkl. MwSt.  


Autorin:
Alexandra Kosacheva

Ansprechparter:
Rechtsanwalt Knud J. Steffan

JUSTUS Rechtsanwälte & Steuerberater
Eberswalder Straße 26
10437 Berlin

Tel.: 030 / 440 449 66
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